Auswertung antisemitischer Vorfälle 2023 im Land Thüringen
Thuringia 2023
Antisemitische Vorfälle in Thüringen
20. August 2024
Nationwide 2023
Bericht dokumentierter antisemitischer Vorfälle
Zivilgesellschaftliche Dokumentation antisemitischer Vorfälle25. Juni 2024Bundesverband RIAS e.V.
Eine Publikation des Bundesverband RIAS
Nationwide 2023
Antisemitic incidents in Germany
English language version25. Juni 2024Bundesverband RIAS e.V.
A publication of the Federal Association RIAS e.V.
Saxony Jahresbericht 2023
Antisemitische Vorfälle in Sachsen
24. Juni 2024RIAS Sachsen
Der Jahresbericht der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Sachsen-Anhalt
Lower Saxony Jahresbericht 2023
Antisemitische Vorfälle in Niedersachsen
20. Juni 2024RIAS Niedersachsen
Saxony-Anhalt Jahresbericht 2023
Antisemitische Vorfälle in Sachsen-Anhalt
19. Juni 2024RIAS Sachsen-Anhalt
Der Jahresbericht der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Sachsen-Anhalt
North Rhine-Westphalia Jahresbericht 2023
Antisemitische Vorfälle in Nordrhein-Westfalen
18. Juni 2024RIAS Nordrhein-Westfalen
Der Jahresbericht der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Nordrhein-Westfalen
Berlin 2023
Antisemitische Vorfälle in Berlin
22. Mai 2024RIAS Berlin
Eine Publikation von RIAS Berlin in Trägerschaft des Vereins für demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V.
Schleswig-Holstein 2023
Auswertung Antisemitischer Vorfälle in Schleswig-Holstein
14. Mai 2024LIDA-SH
Bavaria 2023
Antisemitische Vorfälle in Bayern
29. April 2024RIAS Bayern
Eine Publikation von RIAS Bayern in Trägerschaft des Vereins für Aufklärung und Demokratie (VAD)
Lower Saxony 2022
Antisemitische Vorfälle in Niedersachsen
3. Juli 2023RIAS Niedersachsen
Insgesamt 100 antisemitische Vorfälle dokumentierte die Recherche- und Informationsstelle (RIAS) Niedersachsen im Jahr 2022. Zu den Vorfällen gehören u.a. Angriffe, Bedrohungen und Sachbeschädigungen.
Die Qualität der Schwere antisemitischer Vorfälle in Niedersachsen blieb hoch. Erstmalig wurden der Meldestelle zwei Vorfälle der extremen Gewalt bekannt. Als solche gelten physische Angriffe oder Anschläge, die den Verlust von Menschenleben zur Folge haben können oder schwere Körperverletzungen darstellen. So wurde auf einer Versammlung ein schwerbehinderter Teilnehmer eines Gegenprotests angegriffen. Der Mann wurde zu Boden gedrängt und verlor das Bewusstsein. Der vorliegende Bericht wirft einen Blick nicht nur auf die Zahlen und Schwere, sondern vor allem auf Erscheinungsformen und weltanschauliche Hintergründe antisemitischer Vorfälle.
Die Erscheinungsformen Post-Schoa-Antisemitismus (35%), moderner Antisemitismus (35%) sowie antisemitisches Othering (34%) kamen bei den Vorfällen am häufigsten vor, wobei ein Vorfall mehreren Erscheinungsformen zugeordnet werden kann. Dabei sanken gegenüber dem Vorjahr insbesondere die Fälle mit einem Bezug zum Post-Schoa Antisemitismus (2021: 50%), während Fälle mit einem Bezug zu modernem Antisemitismus anstiegen (2021: 12%). Ebenfalls abgenommen haben 2022 Fälle, in denen Motive des israelbezogenen Antisemitismus (14%) vertreten waren (2021: 29%).
Der Jahresbericht wirft einen Blick nicht nur auf die Zahlen und Schwere, sondern vor allem auf Erscheinungsformen und weltanschauliche Hintergründe antisemitischer Vorfälle. Das Spektrum des Judenhass ist groß: Antisemitismus kann Jüdinnen und Juden in allen gesellschaftlichen Schichten und an fast allen öffentlichen (und nicht öffentlichen) Orten begegnen. Er betrifft auch diejenigen, die ihn mitbekommen und unwidersprochen stehen lassen; denn er schränkt die bürgerliche Freiheit ein und gefährdet die Demokratie.
Das Spektrum ist groß: Antisemitismus kann Jüdinnen und Juden in allen gesellschaftlichen Schichten und an fast allen öffentlichen (und nicht öffentlichen) Orten begegnen. Er betrifft auch diejenigen, die ihn mitbekommen und unwidersprochen stehen lassen; denn er schränkt die bürgerliche Freiheit ein und gefährdet die Demokratie. Die RIAS Niedersachsen bekannt gewordene Vorfälle können jedoch nur einen Teil der Wirklichkeit abbilden. Es ist von einem großen Dunkelfeld antisemitischer Vorfälle auszugehen.
Nationwide 2022
Bericht dokumentierter antisemitischer Vorfälle
Zivilgesellschaftliche Dokumentation antisemitischer Vorfälle27. Juni 2023Bundesverband RIAS e.V.
Eine Publikation des Bundesverband RIAS
Nationwide 2022
Antisemitic incidents in Germany
English language version27. Juni 2023Bundesverband RIAS e.V.
A publication of the Federal Association RIAS e.V.
North Rhine-Westphalia Jahresbericht 2022
Antisemitische Vorfälle in Nordrhein-Westfalen
20. Juni 2023RIAS Nordrhein-Westfalen
Der Jahresbericht der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Nordrhein-Westfalen
Thuringia 2022
Antisemitische Vorfälle in Thüringen
7. Juni 2023
Auswertung antisemitischer Vorfälle 2021 im Land Thüringen
Berlin Key Findings
Antisemitic incidents in Berlin 2022
11. Mai 2023RIAS Berlin
Eine Analyse der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Berlin
Berlin 2022
Antisemitische Vorfälle in Berlin
10. Mai 2023RIAS Berlin
Eine Publikation von RIAS Berlin in Trägerschaft des Vereins für demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V.
Mecklenburg-Vorpommern 2022
Antisemitische Vorfälle in Mecklenburg-Vorpommern
20. April 2023DIA-MV
Eine Publikation der Dokumentations- & Informationsstelle Antisemitismus Mecklenburg-Vorpommern
Bavaria 2022
Antisemitische Vorfälle in Bayern
28. März 2023RIAS Bayern
Eine Publikation von RIAS Bayern in Trägerschaft des Vereins für Aufklärung und Demokratie (VAD)
Bavaria 2022
Antisemitische Vorfälle in Bayern
28. März 2023RIAS Bayern
Eine Publikation von RIAS Bayern in Trägerschaft des Vereins für Aufklärung und Demokratie (VAD)
Berlin von Januar bis Juni 2022
Antisemitische Vorfälle in Berlin
6. Dezember 2022RIAS Berlin
Eine Publikation von RIAS Berlin in Trägerschaft des Vereins für demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V.
Lower Saxony 2021
Antisemitische Vorfälle in Niedersachsen
15. September 2022RIAS Niedersachsen
Eine Publikation von RIAS Niedersachsen
Nationwide 2021
Bericht dokumentierter antisemitischer Vorfälle
Zivilgesellschaftliche Dokumentation28. Juni 2022Bundesverband RIAS e.V.
Eine Publikation des Bundesverband RIAS
Nationwide 2021
Antisemitic incidents in Germany
English language version28. Juni 2022Bundesverband RIAS e.V.
A publication of the Federal Association RIAS e.V.
Thuringia 2021
Antisemitische Vorfälle in Thüringen
7. Juni 2022Anja Thiele, Joël Ben-Yehoshua & Lisa Jacobs
Auswertung antisemitischer Vorfälle 2021 im Land Thüringen
Berlin 2021
Antisemitische Vorfälle in Berlin
24. Mai 2022RIAS Berlin
Eine Publikation von RIAS Berlin in Trägerschaft des Vereins für demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V.
Bavaria 2021
Antisemitische Vorfälle in Bayern
25. April 2022RIAS Bayern
Eine Publikation von RIAS Bayern in Trägerschaft des Vereins für Aufklärung und Demokratie (VAD)
Berlin Januar bis Juni 2021
Antisemitische Vorfälle in Berlin
9. Dezember 2021RIAS Berlin
Eine Publikation von RIAS Berlin in Trägerschaft des Vereins für demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V.
Nationwide 2020
Antisemitic incidents in Germany
English language version19. August 2021Bundesverband RIAS e.V.
A publication of the Federal Association RIAS e.V.
Nationwide 2020
Bericht dokumentierter antisemitischer Vorfälle
Zivilgesellschaftliche Dokumentation28. Juni 2021Bundesverband RIAS e.V.
Zivilgesellschaftliche Dokumentation antisemitischer Vorfälle in Deutschland 2020
Das Jahr 2020 war von der Coronapandemie und staatlichen Maßnahmen zu ihrer Eindämmung (im Folgenden kurz Coronamaßnahmen) geprägt. Ab Mitte März 2020 wurde das öffentliche Leben bundesweit zum Teil erheblich eingeschränkt. Während sich viele Aspekte des gesellschaftlichen Lebens ins Internet verlagerten, kam es seit April im gesamten Bundesgebiet zu zahlreichen Protesten gegen die Coronamaßnahmen. In diesem Zusammenhang kam es immer wieder zu antisemitischen Vorfällen. Auch im Internet erfassten Meldestellen eine Vielzahl antisemitischer Vorfälle.
Antisemitismus manifestierte sich in Deutschland 2020 am häufigsten in der Erscheinungsform des Post-Schoa-Antisemitismus (zu Begriffserklärungen siehe Seite 9). Demonstrierende präsentierten verschiedene Varianten eines gelben Stoffsterns mit Aufdrucken wie „ungeimpft“, die auf die sogenannten Judensterne aus der Zeit des Nationalsozialismus anspielen. Mit dieser Selbstinszenierung als Opfer werden die Schoa und der Nationalsozialismus verharmlost. Auch die Rolle von Täter_innen und Opfern wird vertauscht – schließlich handelt es sich bei den meisten Demonstrierenden als Angehörige der deutschen Mehrheitsgesellschaft um Kinder, Enkel_innen und Urenkel_innen von Täter_innen und Zuschauer_innen im Nationalsozialismus. Zudem wurde die Coronapandemie zur Projektionsfläche für antisemitische Verschwörungsmythen. Diese richteten sich gegen Jüdinnen_Juden als vermeintliche Urheber_innen oder Profiteur_innen der Pandemie.
Jüdinnen_Juden in Deutschland waren auch 2020 weiterhin mit dem rechtsextremen Terroranschlag auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober 2019 sowie mit dessen Aufarbeitung beschäftigt. Ab Juli stand der Täter vor Gericht, Ende Dezember wurde er zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Über 40 Nebenkläger_innen, darunter viele, die am Tag des Anschlags in der Synagoge hatten ausharren müssen, konnten den Prozess durch ihre Aussagen und Anträge maßgeblich mitgestalten. Der Prozess wurde so auch zu einer Plattform für jüdische und post-migrantische Perspektiven auf den Anschlag, auf aktuellen Antisemitismus in Deutschland sowie auf das fehlende Vertrauen von Jüdinnen_Juden in deutsche Sicherheitsbehörden. Das Verfahren löste Solidarisierungsprozesse zwischen von Rassismus und Antisemitismus betroffenen Communities aus, die auch außerhalb des Gerichtssaals Wirkung entfalteten, etwa bei einer gemeinsamen Veranstaltung von Nebenkläger_innen und Angehörigen der Opfer des rechtsextremen Anschlags in Hanau im Februar 2020.
Aber auch unabhängig von der Coronapandemie und dem Anschlag in Halle prägte Antisemitismus 2020 den Alltag von Jüdinnen_Juden in Deutschland. Dies machen Befragungen innerhalb jüdischer Communities deutlich, die der Bundesverband RIAS (bzw. dessen Vorgängerprojekt) in mittlerweile acht Bundesländern durchgeführt hat. Die Interviews zeigen auch, dass viele Betroffene den Weg zur Polizei scheuen und viele antisemitische Vorfälle gar nicht strafbar sind. Um dieses Dunkelfeld1 zu erhellen, Antisemitismus aus Sicht der Betroffenen zu dokumentieren und so für die nichtjüdische Öffentlichkeit nachvollziehbar zu machen, sind regional verankerte, niedrigschwellige und eng mit jüdischen Communities zusammenarbeitende Melde- und Unterstützungsnetzwerke nötig. In einigen Bundesländern existieren diese bereits, in anderen sind sie seit mehreren Jahren im Aufbau und in weiteren Ländern werden derzeit die Voraussetzungen hierfür geschaffen.
Die Federführung übernimmt hierbei der im Oktober 2018 gegründete Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus e.V. (Bundesverband RIAS). Seit Februar 2019 initiiert und unterstützt der Bundesverband RIAS im Rahmen seines Projekts Bundesweite Koordination (RIAS – BK) den Aufbau regionaler Melde- und Unterstützungsnetzwerke in verschiedenen Bundesländern. RIAS – BK bearbeitet und dokumentiert in Rücksprache mit den regionalen Meldestellen Meldungen über das Onlineportal www.report-antisemitism.de. Für die neun (im Jahr 2020 noch 12) Bundesländer ohne eigenständige Meldestellen bearbeitet das Projekt alle eingehenden Meldungen und vermittelt bei Bedarf passende Unterstützungsangebote. Darüber hinaus bietet es Fortbildungen für Mitarbeiter_innen zivilgesellschaftlicher Anlaufstellen für Betroffene von Antisemitismus an. Vorbild für den Aufbau regionaler Meldestellen sind die seit 2015 entwickelten und fortlaufend evaluierten Arbeitsweisen der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS Berlin).
Im Mai 2019 konstituierte sich die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) des Bundesverbands RIAS. Sie wird im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie Leben!“ vom Team des Bundesverbands RIAS koordiniert. In der BAG waren 2020 folgende landesweite Meldestellen organisiert:
-
RIAS Bayern
in Trägerschaft des Vereins für Aufklärung und Demokratie e.V. (VAD) -
RIAS Berlin
in Trägerschaft des Vereins für demokratische Kultur in Berlin. (VDK) e.V -
RIAS Brandenburg
als Teilprojekt der Fachstelle Antisemitismus Brandenburg in Trägerschaft des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien an der Universität Potsdam (MMZ) -
LIDA-SH
Landesweite Dokumentations- und Informationsstelle Antisemitismus in Schleswig-Holstein, in Trägerschaft des Zentrums für Betroffene rechter Angriffe e.V. (ZEBRA e.V.)2
Zu den Anforderungen für eine Mitarbeit in der BAG (siehe Anhang) gehört die Erfassung und Dokumentation antisemitischer Vorfälle auf der Grundlage einheitlich definierter Kriterien und Kategorien. Diese werden innerhalb der BAG fortlaufend überprüft und weiterentwickelt. Der Bundesverband RIAS steht dazu im regelmäßigen wissenschaftlichen Austausch mit dem Community Security Trust (CST) in Großbritannien. Er wird zudem wissenschaftlich beraten vom Internationalen Institut für Bildung, Sozial- und Antisemitismusforschung (IIBSA) in Berlin sowie vom Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien (MMZ) in Potsdam.
Entscheidend für den Erfolg einer Meldestelle ist die kontinuierliche Arbeit sowie der Aufbau von Vertrauen jüdischer Communities in das Meldeangebot vor Ort. Neben dieser Akzeptanz der Meldestelle ist auch die Verständigung und der institutionalisierte Datenabgleich mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteur_innen sowie mit staatlichen Stellen wichtig. RIAS Berlin besteht wesentlich länger und hat einen höheren Bekanntheitsgrad als Meldestellen in anderen Bundesländern. Zudem ist es in weniger dicht besiedelten Gebieten häufig ungleich schwerer, Meldestrukturen in derselben Qualität zu etablieren. Nicht zuletzt können Meldestellen mit steigender Bekanntheit und zusätzlichem Personal auch mehr antisemitische Vorfälle dokumentieren.
Trotz dieser Zusammenarbeit auf einer gemeinsamen Grundlage sind die Daten aus den einzelnen Bundesländern nicht in jedem Fall miteinander vergleichbar. So erfolgte beispielsweise ein Abgleich mit polizeilichen Statistiken für 2020 lediglich in Berlin und Brandenburg.3 Trotz der unterschiedlichen Ausgangslagen und Arbeitsstände in einzelnen Bundesländern können Aussagen über allgemeine Tendenzen und regionale Spezifika antisemitischer Vorfälle in den vier Bundesländern mit Meldestellen getroffen werden. In den restlichen zwölf Bundesländern sind die Daten für 2020 nur beschränkt aussagekräftig, da es hier noch keine eigenständigen Meldestellen im oben dargestellten Sinne gab. Unabhängig davon dokumentierte RIAS – BK im vergangenen Jahr antisemitische Vorfälle in sämtlichen Bundesländern.
Die dem Bundesverband RIAS bekannt gewordenen Vorfälle können immer nur einen Teil der Wirklichkeit abbilden. Es ist daher von einer großen Dunkelziffer auszugehen. Zudem kann der Bundesverband RIAS nur bekannt gewordene antisemitische Vorfälle nach seinen Kriterien auswerten und dokumentieren. Er kann beispielsweise nichts darüber sagen, wie viele Menschen in Deutschland antisemitisch denken. Ziel der vorliegenden Dokumentation ist es, für die in der BAG mit Meldestellen organisierten Bundesländer die Dimension des Problems Antisemitismus aufzuzeigen. Das soll die Notwendigkeit eines flächendeckenden Netzwerks zivilgesellschaftlicher Meldestellen für antisemitische Vorfälle unterstreichen, die nach einheitlichen inhaltlichen und methodischen Standards arbeiten.
Begrifflicher Rahmen und Kategorien
Alle gemeldeten antisemitischen Vorfälle werden von Mitarbeiter_innen der jeweiligen Meldestellen verifiziert und anschließend systematisch erfasst. Im Folgenden werden zunächst der begriffliche Rahmen sowie die bei der Erfassung verwendeten Definitionen vorgestellt. Dies soll die nachfolgenden Analysen für Lesende besser nachvollziehbar machen.
Inhaltlich orientiert sich die Bewertung antisemitischer Vorfälle durch den Bundesverband RIAS an der von der Bundesregierung empfohlenen Arbeitsdefinition Antisemitismus. Diese wurde von zivilgesellschaftlichen Initiativen aus Berlin für den deutschsprachigen Kontext spezifiziert und operationalisiert.4 Darüber hinaus nutzt der Bundesverband RIAS zur Orientierung die von der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) verabschiedete Arbeitsdefinition zur Leugnung und Verharmlosung des Holocaust.5 Bei der Abgrenzung zwischen israelbezogenem Antisemitismus und legitimer Kritik an israelischer Politik orientiert sich der Bundesverband RIAS zudem an der von Natan Scharanski vorgeschlagenen Trias aus Dämonisierung, Delegitimierung und doppelten Standards.6
Die Meldestellen analysieren bei der Erfassung antisemitischer Vorfälle verschiedene Kategorien: Vorfalltyp, Gruppen von Betroffenen, Erscheinungsformen von Antisemitismus sowie politisch-weltanschauliche Hintergründe.
Vorfalltypen
Der Bundesverband RIAS unterscheidet je nach Art und Schwere des Vorfalls sechs verschiedene Vorfalltypen. Diese Typen wurden ursprünglich vom CST in Großbritannien entwickelt und später von RIAS Berlin für den deutschen Kontext angepasst.
Als extreme Gewalt gelten physische Angriffe oder Anschläge, die den Verlust von Menschenleben zur Folge haben können oder schwere Körperverletzungen darstellen. Als Angriffe werden Vorfälle betrachtet, bei denen Personen körperlich angegriffen werden, ohne dass dies lebensbedrohliche oder schwerwiegende körperliche Schädigungen nach sich zieht. Diese Kategorie beinhaltet auch den bloßen Versuch eines physischen Angriffs.
Unter einer gezielten Sachbeschädigung wird die Beschädigung oder das Beschmieren jüdischen Eigentums mit antisemitischen Symbolen, Plakaten oder Aufklebern verstanden. Dazu zählt auch die Beschädigung oder Beschmutzung von Erinnerungszeichen und -orten für die Opfer der Schoa, also z.B. von Gedenkstätten, Gedenktafeln, Stolpersteinen, aber auch von Geschäftsstellen entsprechender Institutionen.
Als Bedrohung gilt jegliche eindeutige und direkt an eine Person oder Institution adressierte schriftliche oder mündliche Androhung von Gewalt.
Als verletzendes Verhalten werden sämtliche antisemitischen Äußerungen gegenüber jüdischen oder israelischen Personen oder Institutionen gefasst, aber auch antisemitische Beschimpfungen oder Kommentare gegenüber anderen Personen und Institutionen. Dies gilt auch für antisemitische Aussagen, die online getätigt oder verbreitet werden, sofern diese direkt an eine konkrete Person oder Institution adressiert sind. Als verletzendes Verhalten gelten auch Beschädigungen oder das Beschmieren nichtjüdischen Eigentums durch antisemitische Symbole, Plakate, Aufkleber etc.
Als Massenzuschrift werden schließlich antisemitische Zuschriften erfasst, die sich an einen größeren Kreis von Personen richten – dies geschieht meistens online.
Mehrere im Bundesverband RIAS organisierten Meldestellen erfassen auch proaktiv Versammlungen mit antisemitischer und israelfeindlicher Ausrichtung. Das umfasst Beobachtungen vor Ort, Hintergrundanalysen sowie sich daraus ergebende Bewertungen. Dieses Monitoring bezieht sich jedes Jahr auf zahlreiche Versammlungen. Werden dabei in Reden, Parolen, auf mitgeführten Transparenten oder in Aufrufen antisemitische Inhalte festgestellt, wird die gesamte Versammlung als ein antisemitischer Vorfall vom Typ verletzendes Verhalten registriert. Kommt es bei oder am Rand einer Versammlung zu Angriffen oder Bedrohungen, werden diese jeweils einzeln als zusätzlicher antisemitischer Vorfall registriert.
Betroffene
Der Bundesverband RIAS unterscheidet bei Betroffenen antisemitischer Vorfälle zwischen Einzelpersonen und Institutionen. Neben Jüdinnen_Juden und Israelis können von Antisemitismus auch Einzelpersonen betroffen sein, die als jüdisch wahrgenommen oder adressiert werden, sowie alle anderen Personen wie beispielsweise Journalist_innen oder Politiker_innen. Von einem antisemitischen Vorfall können mehrere Einzelpersonen gleichzeitig betroffen sein. Bei betroffenen Institutionen handelt es sich einerseits um religiöse wie weltliche jüdische Körperschaften und Vereine sowie um israelische Einrichtungen. Andererseits können auch nichtjüdische zivilgesellschaftliche Organisationen, Parteien, Medien oder Bildungseinrichtungen sowie andere, als jüdisch wahrgenommene bzw. adressierte Institutionen Betroffene antisemitischer Vorfälle sein. Von antisemitischen Vorfällen betroffene Institutionen zählen pro Vorfall als ein_e Betroffene_r. Nicht zuletzt gibt es auch Vorfälle, denen der Bundesverband RIAS keine direkten Betroffenen zuweist. Dies ist etwa bei antisemitischen Schmierereien, Aufklebern, Plakaten im öffentlichen Raum sowie bei Versammlungen mit antisemitischen Inhalten der Fall.
Erscheinungsformen von Antisemitismus
Inhaltlich unterscheidet der Bundesverband RIAS bei der Erfassung antisemitischer Vorfälle fünf verschiedene Erscheinungsformen von Antisemitismus.
Im antisemitischen Othering werden Jüdinnen_Juden als fremd oder nicht-dazugehörig zur jeweiligen Mehrheitsgesellschaft beschrieben. Das ist beispielsweise der Fall, wenn jüdische oder nichtjüdische Institutionen oder Personen als „Jude“ beschimpft oder als jüdisch markiert werden.
Im anti-judaistischen Antisemitismus werden religiös begründete Stereotype verbreitet, etwa der Vorwurf, Jüdinnen_Juden seien für den Tod Jesu verantwortlich. Wird Jüdinnen_Juden eine besondere politische oder ökonomische Macht zugeschrieben, etwa im Rahmen von Verschwörungsmythen, so wird dies dem modernen Antisemitismus zugerechnet.
Post-Schoa-Antisemitismus bezieht sich auf den Umgang mit den nationalsozialistischen Massenverbrechen, beispielsweise wenn die Erinnerung an die NS-Verbrechen abgelehnt wird oder diese bagatellisiert werden.
Israelbezogener Antisemitismus liegt vor, wenn sich antisemitische Aussagen gegen den jüdischen Staat Israel richten, etwa indem diesem die Legitimität abgesprochen wird. In der Praxis lässt sich ein antisemitischer Vorfall häufig mehreren Erscheinungsformen zuordnen. Aufgrund dieser Mehrfachzuordnungen ist die Anzahl der festgestellten Erscheinungsformen in der Regel höher ist als die Zahl der antisemitischen Vorfälle.
Politisch-weltanschaulicher Hintergrund
Die im Bundesverband RIAS organisierten Meldestellen klassifizieren – soweit möglich - den politisch-weltanschaulichen Hintergrund eines antisemitischen Vorfalls oder der dafür Verantwortlichen. Diese Zuordnung ist nicht immer möglich und erfolgt nur, wenn sie sich aus der Selbstbezeichnung der Verantwortlichen oder aus den verwendeten antisemitischen Stereotypen eindeutig ableiten lässt. Daher werden viele antisemitische Vorfälle aufgrund mangelnder Informationen keinem politisch-weltanschaulichem Hintergrund zugeordnet. Bei der Zuordnung unterscheidet der Bundesverband RIAS sieben politischweltanschauliche Hintergründe. Dabei ist pro Vorfall nur eine Zuordnung möglich.
Als rechtsextrem/rechtspopulistisch werden antisemitische Vorfälle erfasst, die mit dem rechtsextremen oder dem rechtspopulistischen Spektrum verbunden sind. Dabei steht Rechtsextremismus als Sammelbegriff für antimoderne, antidemokratische, antipluralistische und gegen die Menschenrechte gerichtete Einstellungen, Handlungen und Strömungen. Gemeinsames Kennzeichen verschiedener rechtsextremer Ideologien sind die Vorstellungen von einer prinzipiellen Ungleichwertigkeit verschiedener Menschen(-gruppen), das Streben nach einem Leben in ethnisch homogenen Gemeinschaften („Völkern“) und die Unterordnung des Individuums unter die Gemeinschaft.
Rechtspopulismus fungiert als Sammelbegriff für abgemilderte und modernisierte Varianten des Rechtsextremismus. Dieser bedient sich vor allem kulturellreligiöser und wirtschaftlicher Begründungsmuster. Der Rechtspopulismus fordert im Unterschied zum Rechtsextremismus keine Abschaffung der parlamentarischen Demokratie, sondern beabsichtigt deren autoritäre Umformung und Aushöhlung. Zudem wird Rechtspopulismus als bestimmte Form der politischen Kommunikation und Mobilisierung verstanden, die auf eine scharfe Abgrenzung (vermeintlicher) politischer Eliten abzielt, sich aber zugleich zumindest formal von rechtsextremen Positionen und Akteur_innen abgrenzt.7
Als links/antiimperialistisch werden antisemitische Vorfälle klassifiziert, wenn das Vertreten linker Werte oder die Selbstverortung der Personen oder Gruppen in einer linken Tradition einhergeht mit einer binären Weltsicht und einer – häufig befreiungsnationalistischen – Imperialismuskritik.
Unter christlich/christlicher Fundamentalismus werden antisemitische Vorfälle erfasst, die mit einer positiven Bezugnahme auf christliche Glaubensinhalte oder Symboliken verbunden sind (darunter auch fundamentalistische Spielarten des Christentums), bei denenkein anderer politisch-weltanschaulicher Hintergrund dominiert.
Als islamisch/islamistisch werden antisemitische Vorfälle erfasst, die mit einer positiven Bezugnahme auf islamische Glaubensinhalte oder Symboliken verbunden sind und bei denen kein anderer politisch-weltanschaulicher Hintergrund dominiert. Das bezieht sich auf unterschiedliche Islamverständnisse, darunter auch islamistische.
Einem verschwörungsideologischen Milieu werden Gruppen oder Personen zugeordnet, bei denen die Verbreitung antisemitischer Verschwörungsmythen im Vordergrund steht und bei denen kein anderer dominiert.
Auch für das Milieu des antiisraelischen Aktivismus gilt, dass es teilweise nicht eindeutig politisch zugeordnet werden kann: Hier überwiegt die israelfeindliche Motivation der verantwortlichen Personen oder Gruppen eindeutig gegenüber einer Positionierung etwa im linken, rechten oder islamistischen Milieu. Zum antiisraelischen Aktivismus zählen beispielsweise säkulare palästinensische Gruppen sowie Aktivist_innen, die antisemitische Boykottkampagnen gegen den jüdischen Staat Israel unterstützen.
Der politischen Mitte werden antisemitische Vorfälle zugeordnet, die keinem der zuvor genannten politisch-weltanschaulichen Hintergründe zugeordnet werden können und bei denen die Verantwortlichen zugleich für sich in Anspruch nehmen, demokratische Positionen zu vertreten.
Antisemitische Vorfälle 2020
Der Bundesverband RIAS und die in der BAG organisierten Meldestellen aus vier Bundesländern haben 2020 insgesamt 1.909 antisemitische Vorfälle dokumentiert.
Nach Vorfalltypen aufgeschlüsselt handelt es sich um einen Fall extremer Gewalt, 39 Angriffe, 167 gezielte Sachbeschädigungen, 96 Bedrohungen, 1.449 Fälle verletzendes Verhalten (hierunter 340 Versammlungen) sowie 157 antisemitische Massenzuschriften. Davon wurden 239 Vorfälle in Bayern dokumentiert, 1.004 in Berlin, 141 in Brandenburg und 53 in SchleswigHolstein. Die verbleibenden 472 antisemitischen Vorfälle registrierte der Bundesverband RIAS in den übrigen zwölf Bundesländern. Darunter waren der eine Fall extremer Gewalt, 15 Angriffe, 92 gezielte Sachbeschädigungen, 16 Bedrohungen, 347 Fälle verletzenden Verhaltens sowie eine Massenzuschrift.
Der besagte Fall extremer Gewalt ereignete sich am 4. Oktober in der Nähe der Synagoge in Hamburg-Eimsbüttel. Ein Mann griff einen 26-jährigen Studenten mit einem Spaten an, der gerade auf dem Weg zum Laubhüttenfest (Sukkot) in der Synagoge war. 2019 hatte der Bundesverband RIAS drei Fälle extremer Gewalt dokumentiert, darunter den rechtsextremen Terroranschlag auf die Synagoge in Halle (Saale) sowie einen Brandanschlag auf das Haus eines jüdischen Ehepaars in einer Kleinstadt nahe Hannover
Die vier landesweiten Meldestellen dokumentierten 2020 weniger Angriffe und Bedrohungen als im Jahr zuvor. In Bayern und Berlin ging die Anzahl der Angriffe deutlich zurück (von zehn auf einen in Bayern, von 33 auf 17 in Berlin). In Brandenburg blieb sie konstant (jeweils sechs Angriffe), dafür wurden hier 2020 deutlich weniger Bedrohungen bekannt (18 statt 30). LIDA-SH dokumentierte 2020 keine Angriffe und nur eine Bedrohung (2019 waren es ein Angriff und drei Bedrohungen).
Die Anzahl an dokumentierten Fällen verletzenden Verhaltens war hingegen in allen vier Ländern 2020 viel höher als 2019. In Bayern betrug der Anstieg gar 51,6 % (188 statt 124 Vorfälle), in Brandenburg und Berlin immerhin 25,9 % (102 statt 81) bzw. 17,9 % (770 statt 653). Ein Anstieg antisemitischer Vorfälle wurde insbesondere im Zusammenhang mit Versammlungen dokumentiert. Mit 181 Vorfällen in den vier Bundesländern waren das 2020 16,4 % aller Fälle verletzenden Verhaltens – 2019 betrug der entsprechende Anteil nur 8,3 % (74 Vorfälle). Am deutlichsten war der Anstieg in Bayern. Hier stieg die Anzahl der antisemitischen Vorfälle bei Versammlungen auf das Siebenfache (von 14 auf 98).
Vor allem in Bayern und Berlin dokumentierten die Meldestellen 2020 eine höhere Gesamtzahl antisemitischer Vorfälle als 2019 (Anstieg um 29,9 % bzw. 13,3 %). Rechnerisch ereigneten sich 2020 im Bundesgebiet im Durchschnitt 159 Vorfälle pro Monat oder über fünf am Tag.
Insbesondere in den ersten Monaten des Jahres wurden dem Bundesverband RIAS und den regionalen Meldestellen verglichen mit dem restlichen 2020 verhältnismäßig weniger antisemitische Vorfälle bekannt. Dies hat zum einen damit zu tun, dass sich die Coronamaßnahmen auch auf zahlreiche Formen antisemitischer Vorfälle auswirkten: So waren beispielsweise Fußballstadien, Kneipen und Clubs geschlossen; weitaus weniger Menschen nutzten öffentliche Verkehrsmittel. Daher ereigneten sich auch an diesen spezifischen Tatorten deutlich weniger antisemitische Vorfälle. Antisemitische Vorfälle, die sich im Internet ereigneten, waren von diesen Beschränkungen nicht betroffen. Zum anderen erschwerten die Kontaktbeschränkungen jedoch gerade zu Beginn der Pandemie auch die Arbeit zivilgesellschaftlicher Institutionen gegen Antisemitismus deutlich. Unter anderem litt die Pflege des Meldenetzwerks und der vertrauensvolle Kontakt zu Betroffenen-Communities unter den Maßnahmen. Es ist daher zu befürchten, dass der Bundesverband RIAS und die regionalen Meldestellen von weniger antisemitischen Vorfällen erfahren haben, als dies unter normalen Umständen der Fall gewesen wäre.
Ab Mai 2020 berichteten sämtliche Meldestellen eine ansteigende Anzahl antisemitischer Vorfälle. Dies hängt nicht zuletzt mit einer Gelegenheitsstruktur für antisemitisch geführte Diskussionen um Coronamaßnahmen zusammen. Insbesondere in Bayern war im Mai und Juni 2020 ein Jahreshöchststand antisemitischer Vorfälle zu beobachten (34 bzw. 42 Vorfälle pro Monat). Auch in Brandenburg gab es in diesen Monaten die meisten Vorfälle pro Monat (16 im Mai, 17 im Juni). Dieser Zeitraum fällt mit der ersten Welle verschwörungsideologischer und rechtsoffener Versammlungen gegen die Coronamaßnahmen zusammen, die geografisch betrachtet weit verstreut waren. Im August wurde in vielen regionalen Gruppen zu bundesweiten Versammlungen nach Berlin mobilisiert, wodurch wohl der Höchstwert in diesem Bundesland zu erklären ist (118 Vorfälle im August). Ein weiterer Anstieg, wenn auch auf niedrigerem Niveau, konnte vielerorts im November beobachtet werden. Hierzu trug wohl die teilweise Wiedereinführung eines Lockdowns als Reaktion auf stark steigende Infektionszahlen bei, auf die teilweise mit antisemitisch geführter Diskussion über die Coronamaßnahmen reagiert wurde.
Betroffene
Von den antisemitischen Vorfällen, die der Bundesverband RIAS und die regionalen Meldestellen 2020 dokumentierten, waren 677 Einzelpersonen und 679 Institutionen betroffen. Die allermeisten Vorfälle gegen Institutionen (515 Fälle) wurden in Berlin erfasst, was durch die hohe Dichte jüdischer, israelischer, zivilgesellschaftlicher und politischer Institutionen in der Bundeshauptstadt erklärt wird. Weit weniger Institutionen waren in Bayern (23), Brandenburg (25) und Schleswig-Holstein (6) betroffen. Im restlichen Bundesgebiet waren 110 Institution von antisemitischen Vorfällen betroffen, dabei handelte es sich häufig um Gedenkstätten und -initiativen.
Die 677 Einzelpersonen waren von 519 Vorfällen betroffenen. Auch hier wurden die meisten Betroffenen in Berlin erfasst (348), gefolgt von Bayern (116), Brandenburg (46) und Schleswig-Holstein (17). Für die verbleibenden zwölf Bundesländern wurden 150 betroffene Einzelpersonen bekannt.
Bei insgesamt 711 antisemitischen Vorfälle konnten keine direkten Betroffenen ermittelt werden. Dies betrifft in der Regel Versammlungen, Schmierereien oder Aufkleber im öffentlichen Raum sowie andere Formen nicht konkret adressierter antisemitischer Propaganda.
Antisemitismus auf Versammlungen gegen die Coronamaßnahmen
Das prägende Thema für die öffentliche Debatte 2020 war die Coronapandemie. Zahlreiche Akteur_innen nahmen die Krise zum Anlass, sich in antisemitischer Weise zu äußern. Deutlich öffentlich wahrnehmbar wurde dies im Rahmen der Proteste gegen Coronamaßnahmen. Bei einer Vielzahl von Demonstrationen im ganzen Bundesgebiet kamen dabei insbesondere antisemitische Verschwörungsmythen sowie Verharmlosungen der Schoa zum Ausdruck. Der Bundesverband RIAS dokumentierte zwischen dem 17. März und dem Jahresende 2020 insgesamt 284 Versammlungen, auf denen es zu Gleichsetzungen der Coronamaßnahmen mit der nationalsozialistischen Judenverfolgung oder zu anderen antisemitischen Aussagen kam.
Die folgende Anzahl von Versammlungen wurde in den unterschiedlichen Bundesländern als antisemitische Vorfälle dokumentiert (Aus Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland lagen dem Bundesverband RIAS keine entsprechenden Informationen vor):
Baden-Württemberg 23 Bayern 84 Berlin 42 Brandenburg 13 Bremen 5 Hamburg 3 Hessen 14 Niedersachsen 8 Nordrhein-Westfalen 33 Rheinland-Pfalz 4 Sachsen 19 Sachsen-Anhalt 19 Schleswig-Holstein 10 Thüringen 7 Die zum Teil erheblichen Unterschiede zwischen den Bundesländern spiegeln zum einen die sehr verschiedenen demografischen Voraussetzungen wider. Zum anderen zeigen sie auch die unterschiedlichen Möglichkeiten zur Dokumentation antisemitischer Vorfälle, da der Bundesverband RIAS in Ländern ohne aktive Meldestellen zum Beispiel keine systematische Vor-Ort-Beobachtung von Versammlungen gewährleisten kann. Aber auch die vorhandenen Meldestellen sind hinsichtlich ihrer Möglichkeiten einer solchen systematischen Vor-Ort-Beobachtung sehr unterschiedlich ausgestattet. Der Bundesverband RIAS geht daher davon aus, dass zahlreiche Versammlungen, auf denen es antisemitische Äußerungen gab, nicht dokumentiert wurden. Dies dürfte besonders für Versammlungen in Kleinstädten sowie im ländlichen Raum gelten. Darüber hinaus ist die ungleiche geografische Verteilung der Versammlungen auch Ausdruck lokaler Schwerpunkte unterschiedlicher Akteur_innen: Nicht an allen Orten wurden etwa geschichtsrevisionistische Vergleiche zur Schoa gezogen. Vielerorts war auch die DDR eine beliebte Vergleichsfolie – allerdings ohne Antisemitismus.
Vorläufige Höhepunkte bildeten die Versammlungen in Berlin am ersten und letzten Augustwochenende. Aus dem gesamten Bundesgebiet reisten Verschwörungsideolog_innen, aber auch sogenannte Reichsbürger_innen und andere Rechtsextreme an. Teilnehmer_innen dieser Versammlungen äußerten sich durch Symbole an ihrer Kleidung, durch Parolen auf Schildern und Transparenten sowie in Reden vielfach antisemitisch. Am 29. August ging aus dem Umfeld sogenannter Reichsbürger_innen sowie von Personen, die zuvor auf einem Transparent die Freilassung von verurteilten Schoa-Leugner_innen und auf einem Plakat die Beendigung der angeblichen Besatzung Deutschlands durch eine „Talmud-jüdisch-vatikanische Firma“ gefordert hatten, der sogenannte „Sturm auf den Reichstag“ aus: Knapp 500 Demonstrierende überwanden Polizeiabsperrungen vor dem Reichstagsgebäude und besetzten für einige Zeit die Treppe vor dem Haupteingang. Diese Ereignisse zeigten eindrücklich das gewaltvolle Potenzial der Demonstrationen.
Spezifische Tatorte
Über ein Drittel (33,7 %) aller bundesweit erfassten antisemitischen Vorfälle (insgesamt 644) fand online statt. Davon wurden 550 Vorfälle in Berlin gemeldet. Die hier angesiedelten größeren jüdischen und israelischen Institutionen sind häufigen antisemitischen Attacken im Internet ausgesetzt. Diese hohe Zahl an Online-Vorfällen in Berlin ist auch ein Grund für die insgesamt deutlich höhere Zahl dokumentierter antisemitischer Vorfälle in Berlin gegenüber dem restlichen Bundesgebiet. Fast zwei Drittel der erfassten Vorfälle fanden offline statt. Insgesamt 39,5 % der Vorfälle ereigneten sich im öffentlichen Raum. Dazu gehört die Straße (561), der öffentliche Nah- und Fernverkehr (101), öffentliche Grünanlagen (69) und öffentliche Gebäude (24).
Im Vergleich zum Vorjahr waren in einigen Bundesländern deutliche Veränderungen hinsichtlich der spezifischen Tatorte zu beobachten. Auch diese scheinen im Zusammenhang mit der Coronapandemie zu stehen. Durch die deutlich höhere Zahl antisemitischer Vorfälle im Kontext von Versammlungen gegen Coronamaßnahmen fanden diese häufiger im öffentlichen Raum bzw. auf der Straße statt. Dadurch war eine umfassendere Dokumentation dieser Vorfälle leichter möglich. In der Folge wurden in Bayern 2020 beinahe drei Mal so viele Vorfälle auf offener Straße dokumentiert wie 2019 (100 gegenüber 34 Vorfällen). In Brandenburg waren es mit 42 statt 29 Vorfällen immerhin 55,2 % mehr. Im Gegenzug wurden weniger Vorfälle von Tatorten gemeldet, deren Nutzung durch die Coronamaßnahmen stark eingeschränkt war. Hierzu zählen Vorfälle in der Gastronomie (25), am Arbeitsplatz (11) oder an Sportstätten (6).
Erscheinungsformen von Antisemitismus
Die häufigsten Erscheinungsformen bei den 2020 dokumentierten antisemitischen Vorfällen waren bundesweit der Post-Schoa-Antisemitismus (907 Vorfälle) und das antisemitische Othering (705 Vorfälle). Dem modernen Antisemitismus wurden 612 Vorfälle zugeordnet und dem israelbezogenen Antisemitismus 377 Vorfälle. Der Erscheinungsform des antijudaistischen Antisemitismus wurden 131 Vorfälle zugeordnet. Da antisemitische Vorfälle mehreren Erscheinungsformen gleichzeitig zugeordnet werden können, liegt die Gesamtzahl der Zuordnungen über 100 %.
In Bayern gab es einen starken Anstieg bei den Zuordnungen zum Post-SchoaAntisemitismus von 86 2019 (46,7 % der bayerischen Vorfälle) auf 128 im abgelaufenen Jahr (53,6 %). Brandenburg war 2020 das Land mit dem höchsten Anteil an Zuordnungen zu dieser Erscheinungsform (54,6 %) und zwar trotz eines leichten Rückgangs auf 77 von 82 Vorfällen 2019 (59,9 %). Post-SchoaAntisemitismus artikuliert sich hier offenbar weitgehend unabhängig von den aktuellen Entwicklungen.
Die Erscheinungsform des antisemitischen Othering war in den vier Bundesländern 2020 sehr unterschiedlich verbreitet. Während der Anteil in Brandenburg (52,5 %) und Berlin (43,4 %) hoch war, lag er in Bayern sehr viel niedriger (26,4 %).
Dem israelbezogenen Antisemitismus wurden 2020 bundesweit 19,7 % aller Vorfälle zugeordnet. In fast allen Ländern mit aktiven Meldestellen ging der Anteil dieser Erscheinungsform gegenüber 2019 zurück, in Bayern von 28,8 % auf 18,4 % und in Berlin von 33,6 % auf 26,3 %.
Ein deutlicher Anstieg war hingegen 2020 beim modernen Antisemitismus zu beobachten. Alle vier Meldestellen verzeichneten sowohl mehr Fälle als auch einen größeren Anteil dieser Erscheinungsform. In Bayern stieg die Zahl von 37 auf 81 Fälle (20,1 % bzw. 33,9 %). Auch in Brandenburg gab es mit 25 statt 11 Fällen mehr als eine Verdopplung (8 % 2019 und 17,7 % 2020). In Berlin hatte der moderne Antisemitismus den höchsten Anteil aller Erscheinungsformen (34,6 %), knapp gefolgt von Bayern (33,9 %). Die Beobachtungen und Datenanalysen in den einzelnen Ländern legen nahe, dass diese Entwicklung im Zusammenhang mit den antisemitischen Reaktionen auf die Coronapandemie stehen. So nahm die Verbreitung antisemitischer Verschwörungsmythen stark zu, die unter anderem Jüdinnen_Juden die vermeintliche Verantwortung für die Ausbreitung des Virus und die Coronamaßnahmen zuschreiben.8
Politisch-weltanschaulicher Hintergrund
Von den 1.909 bundesweit dokumentierten antisemitischen Vorfällen 2020 konnten aufgrund der vorliegenden Informationen 1.003 Vorfälle (52,5 %) nicht eindeutig einem politisch-weltanschaulichen Hintergrund zugeordnet werden. Bei 906 Vorfällen war eine Zuordnung möglich. Davon entfielen mit 479 Vorfällen (25,1 % aller Vorfälle) die meisten auf die Kategorie Rechtsextremismus/Rechtspopulismus. Allerdings wurden hier vielerorts weniger Vorfälle dokumentiert als 2019. Das Bundesland mit dem höchsten Anteil rechtsextremer/rechtspopulistischer Vorfälle war – wie schon 2019 – Brandenburg (31,9 %). Die Anzahl dieser Vorfälle sank allerdings von 75 auf 45 Vorfälle. In Bayern wurden fünf weniger rechtsextreme/rechtspopulistische Vorfälle bekannt (2019: 46, 2020: 41). Berlin ist das einzige Bundesland, in dem es 2020 mehr antisemitische Vorfälle diesem Hintergrund gab (271 Vorfälle gegenüber 259 im Jahr 2019.
Die zweithäufigste Kategorie waren 2020 bundesweit die 247 antisemitischen Vorfälle mit verschwörungsideologischem Hintergrund (12,9 %). In Bayern stieg die Zahl der Vorfälle besonders stark von 10 Vorfälle 2019 auf 78 im Jahr 2020. Auch der Anteil ist hier mit 32,6 % 2020 am höchsten. Noch höher, aber auf niedrigerem Niveau, war der Anstieg in Brandenburg – von einem Vorfall 2019 auf 13 Vorfälle 2020. In Berlin verdoppelte sich die Anzahl beinahe (von 53 Fällen 2019 auf 89 Fälle 2020). Der starke Anstieg lässt sich insbesondere durch die zahlreichen Versammlungen gegen Coronamaßnahmen sowie durch sonstige antisemitische Vorfälle im Kontext der Coronapandemie erklären.
Dem Hintergrund des antiisraelischen Aktivismus konnten 2020 bundesweit weniger Vorfälle zugeordnet werden als 2019. In Berlin halbierte sich die Anzahl der Vorfälle fast von 87 auf 50. In Bayern gab es hingegen einen leichten Anstieg auf niedrigem Niveau (von 9 auf 12 Vorfälle).
Statistik auf einen Blick
Bezug zur Coronapandemie
antisemitische Vorfälle mitAnzahl der Vorfälle Anteil an der Gesamtzahl Bayern 108 45,2 % Berlin 186 18,5 % Brandenburg 19 13,5 % Schleswig-Holstein 9 17 % weitere Länder 167 35,4 % Gesamt 489 25,6 %
Betroffene
antisemitischer Vorfälle 2020Einzelpersonen Institutionen Bayern 116 23 Berlin 348 515 Brandenburg 46 25 Schleswig-Holstein 17 6 weitere Länder 150 110 Gesamt 677 679
Nach Monaten
antisemitische Vorfälle 2020Bayern Berlin Brandenburg Schleswig-Holstein weitere Länder Gesamt Jan 12 94 18 4 30 158 Feb 12 64 6 4 31 117 Mär 11 56 7 4 18 96 Apr 11 65 6 2 23 107 Mai 34 88 19 5 67 213 Jun 42 75 17 3 48 185 Jul 23 98 16 4 44 185 Aug 24 118 11 4 30 187 Sep 13 92 16 3 28 152 Okt 20 95 11 4 49 179 Nov 26 95 4 11 78 214 Dez 11 64 10 5 26 116
Vorfalltypen
antisemitischer Vorfälle 2020Bayern Berlin Brandenburg Schleswig-Holstein weitere Länder Gesamt extreme Gewalt – – – – 1 1 Angriff 1 17 6 – 15 39 gezielte Sachbeschädigung 13 43 13 6 92 167 Bedrohung 10 51 18 1 16 96 verletzendes Verhalten 188 770 102 42 347 1.449 Massenzuschrift 27 123 2 4 1 157 Gesamt 239 1.004 141 53 472 1.909
Vorfalltypen
antisemitischer Vorfälle 2020Bayern Berlin Brandenburg Schleswig-Holstein weitere Länder Gesamt Internet 44 550 15 5 30 644 Straße 100 168 42 20 231 561 Gedenkort 8 28 11 5 67 119 öffentlicher Personennah- und -fernverkehr 8 51 12 2 28 101 Wohnumfeld 8 47 15 7 12 89 Bildungseinrichtung 5 29 11 7 19 71 öffentliche Grünanlage 34 16 4 5 10 69 Geschäftsstelle 3 26 5 – 9 43 Gewerbe 10 19 3 2 7 41 Synagoge 5 2 5 – 13 25 Gastronomie 2 14 2 – 7 25 öffentliches Gebäude 4 13 – – 7 24 Friedhof 1 5 1 – 14 21 Arbeitsplatz 3 2 – – 6 11 Privatgelände – 4 – – 4 8 Sportstätten 2 1 – – 3 6 Sonstige – 1 1 – 3 5 unbekannt / keine Angabe 2 28 14 – 2 46
Erscheinungsformen
von Antisemitismus 20209Bayern Berlin Brandenburg Schleswig-Holstein weitere Länder Post-Schoa-Antisemitismus 53,6 % 40,9 % 54,6 % 24,5 % 58,9 % Antisemitisches Othering 26,4 % 43,4 % 52,5 % 32,1 % 24,4 % Moderner Antisemitismus 33,9 % 34,6 % 17,7 % 22,6 % 31,1 % Israelbezogener Antisemitismus 18,4 % 26,3 % 7,8 % 15,1 % 10,6 % Antijudaistischer Antisemitismus 7,1 % 9,9 % 1,4 % 1,9 % 2,5 %
Politisch-weltanschaulicher Hintergrund
antisemitischer Vorfälle 2020Bayern Berlin Brandenburg Schleswig-Holstein weitere Länder rechtsextrem / rechtspopulistisch 17,2 % 27 % 31,9 % 11,3 % 24,6 % verschwörungsideologisch 32,6 % 8,9 % 9,2 % 13,2 % 12,7 % antiisraelischer Aktivismus 5 % 5 % 1,4 % 1,9 % 2,3 % links / antiimperialistisch 1,3 % 1,4 % — 7,5 % 1,1 % islamisch / islamistisch 1,3 % 2,2 % — 7,5 % 0,4 % politische Mitte — 3,2 % 0,7 % — 0,6 % christlich / christlicher Fundamentalismus 1,3 % 0,7 % — 1,9 % 0,2 % unbekannt/ keine Angabe 41,8 % 51,7 % 56,7 % 56,6 % 58,1 % Berichte aus den Bundesländern
Bayern
RIAS Bayern10 registrierte 2020 insgesamt 239 antisemitische Vorfälle. Gegenüber 184 Fällen 2019 ist das eine Zunahme von knapp 30 %. Das bedeutet gleichwohl nicht, dass „der Antisemitismus“ in Bayern um ein knappes Drittel zugenommen hat.11 Bezogen auf die Vorfalltypen verzeichnete RIAS Bayern einen Angriff, 10 Bedrohungen, 13 gezielte Sachbeschädigungen, 188 Fälle von verletzendem Verhalten sowie 27 Massenzuschriften.
Auffällig ist die hohe Zahl von 108 Vorfällen mit Bezug zur Coronapandemie. 84 davon waren Versammlungen gegen die Coronamaßnahmen, auf denen antisemitische Inhalte dokumentiert wurden.
Bei den spezifischen Tatorten war die Straße mit 100 Fällen am häufigsten – ebenfalls bedingt durch die genannten Versammlungen. 2020 gab es insgesamt 194 Offline-Vorfälle. Das ist gegenüber 2019 eine Zunahme um 45 %. 34 Vorfälle des Typs verletzendes Verhalten ereigneten sich im Rahmen von Auseinandersetzungen von Angesicht zu Angesicht, 43 Vorfälle von öffentlich präsentierten antisemitischen Botschaften (z.B. in Form von Schmierereien oder Aufklebern) und 98 Vorfälle im Rahmen von Versammlungen. In dieser letzten Kategorie gab es einen deutlichen Anstieg von 14 Fällen 2019 auf sieben Mal so viele 2020. Antisemitische Inhalte waren 2020 in Bayern also sehr viel präsenter im öffentlichen Raum als im Jahr zuvor. Aber auch an Orten des persönlichen Alltags ereigneten sich 2020 antisemitische Vorfälle. So wurden RIAS Bayern 16 Vorfälle am Arbeitsplatz, in Bildungseinrichtungen oder im Wohnumfeld bekannt.
Was die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Antisemitismus betrifft, verzeichnete RIAS Bayern den größten Zuwachs beim modernen Antisemitismus, der sich meist in Form von Verschwörungserzählungen mit Bezug zur Coronapandemie bzw. den Coronamaßnahmen äußerte. Mit 81 Vorfällen war die Zahl hier mehr als doppelt so hoch wie 2019 (37 Vorfälle). 128 Vorfälle (53,6 %) wurden der Erscheinungsform des Post-Schoa-Antisemitismus zugeordnet. Das war, wie bereits 2019, die häufigste der fünf Erscheinungsformen. Das gilt auch für antisemitische Vorfälle im Kontext von Versammlungen (53 Vorfälle 2020). Hier stachen vor allem Verharmlosungen der Schoa hervor, etwa in Form angehefteter gelber Sterne, die Coronamaßnahmen mit der nationalsozialistischen Judenverfolgung gleichsetzen. Zudem wurden 14 Versammlungen ohne Bezug zur Pandemie registriert, auf denen Post-Schoa-Antisemitismus ebenso häufig verbreitet wurde wie israelbezogener Antisemitismus (jeweils 8 Mal).
139 der 239 Fälle in Bayern (58,2 %) konnten eindeutig einem bestimmten politisch-weltanschaulichen Hintergrund zugeordnet werden. 78 Vorfälle (32,6 % aller Vorfälle) wurden einem verschwörungsideologischen Hintergrund zugerechnet. Dies bezieht sich häufig auf Proteste gegen Coronamaßnahmen. 2019 war diese Kategorie mit zehn Vorfällen (5,4 % aller Vorfälle) sehr viel kleiner. Die Zahl der Vorfälle mit rechtsextremen/rechtspopulistischen Hintergrund war hingegen 2020 niedriger als 2019 (41 Vorfälle gegenüber 46 Vorfällen 2019). Der Anteil sank von 25 % 2019 auf 17,2 % 2020. Damit rückten Vorfälle mit rechtsextremen/rechtspopulistischen Hintergrund 2020 vom ersten auf den zweiten Platz. Am dritthäufigsten waren 2020 antisemitische Vorfälle, die dem Hintergrund antiisraelischer Aktivismus zugerechnet wurden (zwölf Fälle oder 5 % aller Vorfälle).
Betroffen von antisemitischen Vorfällen waren mindestens 116 Personen. Von ihnen waren mindestens 30 jüdisch bzw. israelisch, 50 wurden als Jüdinnen_ Juden oder Israelis adressiert (unabhängig davon, ob diese Zuschreibung zutreffend ist). Bei 23 antisemitischen Vorfällen waren Institutionen betroffen, bei 14 Vorfällen waren diese jüdisch oder israelisch.
Berlin
2020 dokumentierte RIAS Berlin12 insgesamt 1.004 antisemitische Vorfälle. Trotz der Einschränkungen des öffentlichen Lebens im Zuge der Coronapandemie und der Coronamaßnahmen stieg die Zahl damit um 118 bekannt gewordene antisemitische Vorfälle (13,3 %). Damit ereigneten sich rechnerisch im Durchschnitt fast drei antisemitische Vorfälle pro Tag in der Bundeshauptstadt.
Aufgeschlüsselt nach Vorfalltyp wurden 17 Angriffe, 43 gezielte Sachbeschädigungen, 51 Bedrohungen, 770 Fälle verletzenden Verhaltens und 123 antisemitische Massenzuschriften registriert. Fast jeder fünfte antisemitische Vorfall ereignete sich 2020 im Zusammenhang mit der Coronapandemie (186 Vorfälle). Darunter waren eine gezielte Sachbeschädigung, zwei Bedrohungen, 144 Fälle verletzenden Verhaltens und 39 antisemitische Massenzuschriften. Insbesondere Versammlungen unter freiem Himmel waren geprägt von der Auseinandersetzung mit Coronamaßnahmen.
Die Gesamtzahl der Angriffe ging im Vergleich zu 2019 um fast die Hälfte zurück, die Zahl der Bedrohungen um immerhin ein Sechstel. Allerdings stellte RIAS Berlin eine Verlagerung der Schwerpunkte der Gewalt fest, die die Betroffenenin diesem Jahr am häufigsten in ihrem persönlichen Wohnumfeld betraf (sieben Angriffe, sechs Bedrohungen). Der private Rückzugsraum, der während der Pandemie eine erhöhte Bedeutung bekam, konnte also besonders belastend werden. Insgesamt dokumentierte RIAS Berlin 47 Vorfälle im persönlichen Wohnumfeld von Betroffenen – so viele wie in keinem anderen Jahr seit 2015.
Insgesamt 348 Personen waren 2020 direkt von antisemitischen Vorfällen betroffen (2019: 330). Von den 348 Personen waren bei 198 Vorfällen insgesamt 238 Jüdinnen_Juden bzw. Israelis betroffen oder wurden als solche wahrgenommen. 2020 waren jüdische und israelische Personen bzw. Personengruppen häufiger von antisemitischer Gewalt, Propaganda oder Anfeindungen betroffen als in den Jahren zuvor. Ebenso dokumentierte RIAS Berlin 2020 mehr Vorfälle, die sich gegen Institutionen richteten (515 Vorfälle). Betroffen waren in vier Fünftel der Fälle jüdische bzw. israelische Einrichtungen (409 Vorfälle). Bis auf wenige Ausnahmen handelt es sich um Vorfälle, die sich online ereigneten: In Chats und Onlinekommentaren wurden zahlreiche antisemitische Diskussionen im Zusammenhang mit der Coronapandemie fortgeführt, verstärkt oder neu angeregt.
ezogen auf die Erscheinungsformen von Antisemitismus waren 2020 – wie auch im Jahr zuvor – das antisemitisches Othering (43,4 %) und der Post-SchoaAntisemitismus (40,9 %) am häufigsten. Wesentlich häufiger als in den Vorjahren war 2020 infolge der größeren Verbreitung von Verschwörungsmythen mit Bezug zur Coronapandemie die Erscheinungsform des modernen Antisemitismus (34,6 % aller Vorfälle). Dies stand vor allem im Zusammenhang mit den weiter oben genannten Versammlungen. Aber auch jenseits dieser waren Jüdinnen_Juden, Israelis oder als solche Wahrgenommene auffällig häufig mit antisemitischen Aussagen konfrontiert, die dem modernen Antisemitismus zuzurechnen sind. Eine Zuordnung zum israelbezogenen Antisemitismus war hingegen deutlich seltener (26,3 %).
Wie schon in den Jahren zuvor konnte etwa die Hälfte aller antisemitischen Vorfälle keinem politisch-weltanschaulichen Hintergrund eindeutig zugeordnet werden. Die meisten Vorfälle, die zugeordnet werden konnten, hatten erneut einen rechtsextremen/rechtspopulistischen Hintergrund. Die Zahl der Vorfälle in dieser Kategorie stieg von 259 Vorfällen 2019 auf 271 Vorfälle 2020. Bei Vorfällen mit einem verschwörungsideologischen Hintergrund konnte RIAS Berlin gegenüber 2019 einen Anstieg von 53 auf 89 Vorfälle (plus 60,4 %) feststellen. Beim Hintergrund des antiisraelischen Aktivismus ging die Zahl der Vorfälle hingegen von 87 Vorfällen 2019 auf 50 Vorfälle 2020 zurück. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass dieses politische Spektrum seine Aktivitäten während der Coronapandemie weitgehend ins Internet verlagerte, wo der Kontakt zwischen Täter_innen und Betroffenen seltener war.
Die Coronapandemie hatte eine besonders besorgniserregende Auswirkung: Bereits in den vergangenen Jahren hatte RIAS Berlin immer wieder darauf hingewiesen, dass Betroffene in sämtlichen Lebensbereichen mit Antisemitismus konfrontiert sind. Angesichts der Einschränkungen des öffentlichen Lebens verbrachten jüdische Menschen, ebenso wie nichtjüdische, mehr Zeit zu Hause. Leider wurden sie auch dort häufiger antisemitisch angefeindet. Während die Coronapandemie sich im Laufe des Jahres 2021 hoffentlich abschwächen wird, steht zu befürchten, dass die entstandenen potenziellen Bedrohungssituationen im Privaten für die Betroffenen noch länger bestehen werden.
Brandenburg
RIAS Brandenburg13 dokumentierte 2020 insgesamt 141 antisemitische Vorfälle. Das ist nur ein minimaler Anstieg gegenüber 2019, als es 137 Vorfälle gab. Aufgeschlüsselt nach Vorfalltypen blieb die Zahl der Angriffe konstant (6 Vorfälle), während die Zahl der Bedrohungen von 29 Vorfälle 2019 auf 18 Vorfällen 2020 sowie die Zahl der gezielten Sachbeschädigungen von 17 Vorfällen 2019 auf 13 im Jahr 2020 sank. Die Zahl der Vorfälle in der Kategorie verletzendes Verhalten stieg hingegen von 82 Vorfällen 2019 auf nun 102 Vorfälle. Im Kontext von Versammlungen wurden 2020 fast vier Mal so viele antisemitische Vorfälle dokumentiert wie 2019 (15 Vorfälle gegenüber 4).
Insgesamt 19 antisemitische Vorfälle (13,5 %) hatten einen Bezug zur Coronapandemie. 13 dieser Vorfälle standen im Zusammenhang mit Versammlungen.
Was die spezifischen Tatorte betrifft, war die Straße mit 42 dokumentierten antisemitischen Vorfällen der häufigste Tatort (gegenüber 29 2019). Dieser Anstieg hängt vermutlich mit dem Anstieg von antisemitischen Vorfällen im Kontext von Versammlungen gegen Coronamaßnahmen zusammen. Leicht rückläufig war hingegen die Zahl der Vorfälle im öffentlichen Nah- und Fernverkehr (von 14 auf 12 Vorfälle), in Bildungseinrichtungen (von 12 auf 11 Vorfälle) sowie um jüdische Einrichtungen (von 6 auf 5 Vorfälle).
Bezogen auf die Erscheinungsformen von Antisemitismus waren in Brandenburg 2020 – wie bereits im Vorjahr – der Post-Schoa-Antisemitismus (54,6 % aller Vorfälle) und das antisemitische Othering (52,5 %) am häufigsten. Vorfälle die dem modernen Antisemitismus zugeordnet wurden, waren hingegen 2020 in Brandenburg deutlich häufiger (25 Vorfälle gegenüber 11 2019). Dies dürfte mit der Vielzahl von Gelegenheiten zusammenhängen, während der Pandemie antisemitische Verschwörungsmythen zu verbreiten. Auf einem geringen Niveau stieg auch die Zahl der Vorfälle von israelbezogenem Antisemitismus an (11 Vorfälle 2020 gegenüber einem in 2019). Mehr als die Hälfte dieser Vorfälle (6) wurden zugleich der Erscheinungsform moderner Antisemitismus zugeordnet.
Obwohl 2020 mehr Vorfälle von Angesicht zu Angesicht stattfanden, waren in diesem Jahr insgesamt weniger Personen betroffen als 2019. Die Zahl der betroffenen Einzelpersonen sank von 58 (2019) auf 41. Von diesen Personen waren 6 jüdisch oder israelisch und 18 wurden als solche adressiert. Auch Institutionen waren 2020 in Brandenburg insgesamt etwas seltener von antisemitischen Vorfällen betroffen. Zwar waren mit 8 Vorfällen mehr jüdische Institutionen betroffen (2019: 7 Vorfälle), dafür sank die Zahl der betroffenen Gedenkstätten bzw. Gedenkinitiativen von 10 auf 7 Vorfälle. 72 Vorfälle richteten sich nicht gegen konkrete Betroffenen (2019 waren dies 54 Vorfälle).
Über die Hälfte aller Vorfälle (56,7 %) konnte nicht eindeutig einem politischweltanschaulichen Hintergrund zugeordnet werden. Markant für die Zeit der Coronapandemie 2020 war der Anstieg von Vorfällen mit verschwörungsideologischem Hintergrund (9,2 % aller Vorfälle) mit 13 Vorfällen 2020 gegenüber nur einem in 2019. Dass verschwörungsideologisches Denken und bestimmte antisemitische Stereotype von Verterter_innen vieler unterschiedlicher politische Lager geteilt und aufgegriffen werden, erschwerte im Einzelfall die eindeutige Zuordnung zu einem politisch-weltanschaulichen Hintergrund. Die größte Kategorie waren Vorfälle mit rechtsextremem/rechtspopulistischem Hintergrund (31,9 %). Zwei Vorfälle wurden dem antiisraelischen Aktivismus zugeordnet, einer der politischen Mitte. Den Hintergründen links/antiimperialistisch, islamisch/islamistisch und christlich/christlicher Fundamentalismus konnten keine Vorfälle zugeordnet werden.
Schleswig-Holstein
2020 erfasste LIDA-SH14 insgesamt 53 antisemitische Vorfälle. Das waren nur unwesentlich weniger Vorfälle als 2019 (56 Vorfälle). Nach Vorfalltypen differenziert wurden 6 gezielte Sachbeschädigungen, eine Bedrohung, 42 Fälle verletzenden Verhaltens sowie 4 Massenzuschriften dokumentiert. Antisemitismus äußerte sich auch im Jahr 2020 häufig niedrigschwellig. So wurden kaum Vorfälle mit besonderem Gefährdungspotenzial für Betroffene bekannt. Am häufigsten war auch 2020 die Kategorie verletzendes Verhalten.
Insgesamt wurden im Jahr 2020 in 17 Vorfällen (2019: 19) 22 Personen (2019: 23) direkt adressiert. Dieser leichte Rückgang steht mit hoher Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit den Kontaktbeschränkungen im Zuge der Coronapandemie. Zudem waren in sechs Fällen Institutionen betroffen.
Was die spezifischen Tatorte betrifft, ereigneten sich antisemitische Vorfälle am häufigsten im öffentlichen Raum. Allerdings wurden deutlich mehr Vorfälle im Kontext von Versammlungen registriert (2020 10 Vorfälle, 2019 nur einer), insbesondere bei Protesten gegen Coronamaßnahmen. Hier materialisierten sich antisemitische Einstellungen öffentlich wahrnehmbar als Teil einer bewussten politischen Artikulation. Von Orten, deren Nutzung durch die Coronamaßnahmen stark eingeschränkt war, wurden dagegen deutlich weniger Vorfälle gemeldet. Das gilt insbesondere für Kultur- und Sportstätten. Orte der Erinnerung an die Schoa waren jedoch weiterhin Tatorte und waren etwa von gezielten Sachbeschädigungen betroffen. Auffällig häufig schlug Jüdinnen_Juden antisemitischer Hass im eigenen Wohnumfeld entgegen. Auch im Kontext Schule wurden 2020 immer wieder Vorfälle dokumentiert, etwa die Verbreitung antisemitischer Inhalte in geschlossenen Chatgruppen.
Bezüglich der Erscheinungsformen von Antisemitismus war 2019 in Schleswig-Holstein noch der Post-Schoa-Antisemitismus am häufigsten gewesen. 2020 wurde dieser erste Platz durch das antisemitische Othering abgelöst. Auffällig ist zudem, dass israelbezogener Antisemitismus 2020 seltener, moderner Antisemitismus dagegen häufiger auftrat als 2019. Letzterer ist häufig in umfassende Verschwörungserzählungen eingebettet, die 2020 im Zuge der Coronapandemie deutlich wahrnehmbarer wurden. Moderner Antisemitismus wurde an diversen Orten in Form von Flugblättern und Plakaten sowie in Reden auf Versammlungen verbreitet.
Vorfälle im Kontext von Gedenktagen
Rund um erinnerungspolitische Gedenktage an die nationalsozialistischen Verbrechen kommt es in Deutschland (und Österreich) jedes Jahr zu zahlreichen antisemitischen Vorfällen, meist in Form von Aktionen gegen oder Störungen von Gedenkveranstaltungen und -initiativen, die der Erinnerungsabwehr und damit dem Post-Schoa-Antisemitismus zuzurechnen sind. Dabei wird das staatlich organisierte Gedenken häufig in Gänze abgelehnt und stattdessen ein „Schlussstrich“ unter die kritische Beschäftigung mit der Vergangenheit gefordert sowie ein stärkeres und positiveres Nationalbewusstsein. Der Bundesverband RIAS dokumentierte 2020 eine Vielzahl antisemitischer Vorfälle rund um die beiden Gedenktage 27. Januar und 9. November.
Erinnerungsabwehr und Antisemitismus rund um den 27. Januar 2020
Am 27. Januar 2020 jährte sich zum 75. Mal die Befreiung des Vernichtungsund Konzentrationslagers Auschwitz. Rund um die Gedenkveranstaltungen anlässlich des „Internationalen Tages des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“ kam es zu mehreren antisemitischen Vorfällen. Darunter waren Störungen von Gedenkfeiern, die Verbreitung rechtsextremer bzw. antisemitischer Propaganda sowie Schmierereien und Beschädigungen an Erinnerungsorten für ermordete Jüdinnen_Juden oder andere Opfer des Nationalsozialismus.
Insgesamt wurden bundesweit rund um diesen Gedenktag 17 antisemitische Vorfälle bekannt, darunter 10 gezielte Sachbeschädigungen und 7 Fälle verletzenden Verhaltens.
Um den 27. Januar
Potsdam, Brandenburg: Vor einer Schule in PotsdamSüd wurden mit Kreide mehrere rechte Sprüche auf den Gehweg geschmiert. Einige davon lauten: „Deutsche wehrt euch“, „Geld ist dein Gott“ und „Ein Pass macht dich nicht deutsch“.
27. Januar
Berlin-Friedrichshain: Eine Titelseite der Zeitung Tagesspiegel mit Porträts von Schoa-Überlebenden wurde in mehrere Teile zerrissen und in einer abschließbaren Werbevitrine am U-Bahnhof Frankfurter Allee platziert.
Berlin-Mitte: An einem Stolperstein in der Almstadtstraße abgelegte Blumen und eine Kerze wurden nach sehr kurzer Zeit entfernt und so das Gedenken gestört.
Berlin-Schöneberg: Am Kaiser-Wilhelm-Platz wird ein Schriftzug des Mahnmals Orte des Schreckens beschmiert, der an das Vernichtungslager Maly Trostinez erinnert.
Forst (Lausitz), Brandenburg: Das Denkmal am Platz des Friedens, wo am 27. Januar eine Kranzniederlegung stattfinden sollte, wurde in der Nacht davor mit weißer Farbe beschmiert.
Neustrelitz, Mecklenburg-Vorpommern: Das Mahnmal für die Opfer des Faschismus in der Marienstraße wurde wenige Stunden nach einer Gedenkveranstaltung beschmiert.
Hannover, Niedersachsen: Auf eine Gedenktafel zur Erinnerung an ein Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme im Stadtteil Ahlem wurde ein etwa fünf mal fünf Zentimeter großes Hakenkreuz gekratzt.
Essen, Nordrhein-Westfalen: An einem Plakat der Ausstellung „Survivors. Faces of Life after the Holocaust“ im Bahnhof Essen-West wurde ein Hakenkreuz geschmiert.
Leipzig, Sachsen: Bei einer Gedenkkundgebung für die Opfer der Schoa rief ein Passant kurz vor Ende „Free Palästina!“ Mit der Adressierung an eine Gedenkveranstaltung implizierte er eine Nähe zwischen israelischer Politik und Nationalsozialismus sowie dass (ermordete) Jüdinnen_Juden in Deutschland eine Verantwortung für das Handeln der israelischen Regierung hätten.
Pirna, Sachsen: Am Rande einer Gedenkveranstaltung am Denkmal in der Grohmannstraße zeigte eine junge Frau den Hitlergruß.
Magdeburg, Sachsen-Anhalt: Bei der offiziellen Gedenkveranstaltung des Landtags Sachsen-Anhalt zum Holocaust-Gedenktag legte ein Redner nahe, die israelische Politik gegenüber den Palästinenser_innen mit der antisemitischen Politik des Nationalsozialismus gleichzusetzen.
Sondershausen, Thüringen: An der Gedenktafel für die 1938 geschändete und 1945 niedergebrannte Synagoge in der Bebrastraße brachte mittags ein Mann einen Aufkleber mit antisemitischen Äußerungen an. Am nächsten Tag wurde am Schlossmuseum ein weiterer Sticker entdeckt.
28. Januar
Passau, Bayern: In der Nacht auf den 28. Januar wurden am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus abgelegte Blumenköpfe abgerissen und zusammen mit Schleifen und Bändern verstreut. Ein Kranz wurde auf die Treppe zum Inn geworfen.
Seelow, Brandenburg: Die Blumen und Gestecke am Gedenkort für die Opfer des Faschismus wurden zerstört.
Velbert, Nordrhein-Westfalen: Am Gedenkstein für die ermordeten Jüdinnen_Juden abgelegte Blumengestecke wurden über Nacht entfernt.
29. Januar und später
Rehlingen-Siersburg, Saarland: Das Mahnmal für die 1940 ins Lager Gurs verschleppten Jüdinnen_Juden neben der Martinskirche in Siersburg wurde beschädigt. Vier junge Bäume und ein Rosenstrauch, die zum Mahnmal gehören, werden umgeknickt, herausgerissen oder abgesägt.
Weimar, Thüringen: Das zur Freiluftausstellung „Die Zeugen“ gehörende Porträt von Andrej Moisejenko, eines Überlebenden des Konzentrationslagers Buchenwald, wurde mit einem Hitlerbart beschmiert.
Neben den genannten Vorfällen verbreitete der auch als „Volkslehrer“ bekannte Rechtsextremist Nikolai Nerling ein angeblich am 27. Januar vor der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Neuengamme gedrehtes Video. Darin filmt Nerling eintretende Besucher_innen ab und nimmt Presseberichte über das Gedenken zum Anlass, einen vermeintlichen „Schuldkult“ in Deutschland zu behaupten. Er fordert eine Umdeutung der Geschichte und eine Neuausrichtung der Erinnerungskultur.
Schoa-Bagatellisierungen und Erinnerungsabwehr rund um den 9. November 2020
2020 jährten sich zum 82. Mal die antisemitischen Pogrome vom 9. und 10. November 1938. Auch dieses Gedenken stand im Zeichen der Coronapandemie – vielerorts sagten Veranstalter_innen offizielle Gedenkveranstaltungen ab oder verlagerten sie ins Internet. In anderen Fällen wurden Gedenkdemonstrationen von Versammlungsbehörden unter ausdrücklichem Verweis auf die Pandemie untersagt. Gleichzeitig konnten teilweise an denselben Orten rechte, rechtsoffene sowie verschwörungsideologische Versammlungen gegen Coronamaßnahmen ungehindert stattfinden.
Am stärksten stand wohl die Entscheidung der Stadt Dresden in der Kritik, die wöchentliche Pegida-Demonstration am 9. November nicht zu untersagen, während die Gedenkveranstaltung zum 9. November lediglich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden sollte. Mehrere jüdische und zivilgesellschaftliche Organisationen kritisierten diese Entscheidung, die jedoch beibehalten wurde.
Eine besonders perfide Versammlung der Gruppe Querdenken 53 in Braunschweig wurde nach öffentlicher Kritik abgesagt. Unter dem Titel „Geschichte gemeinsam wiederholen“ beworben hätte sie genau um 18:18 Uhr beginnen sollen. Die Zahl 18 ist ein unter Neonazis verbreiteter Code für Adolf Hitler und damit eine Verharmlosung der NS-Verbrechen und der Schoa.
Auf zahlreichen Versammlungen gegen Coronamaßnahmen, die in zeitlicher Nähe zum Gedenktag stattfanden, wurde in Reden, auf Schildern oder durch sichtbar angebrachte Symbole an der Kleidung die Schoa bagatellisiert. Teilnehmer_innen dieser Versammlungen inszenierten sich selbst als Opfer einer Verfolgung, die der Schoa ähnelt. Durch die zeitliche Nähe der Veranstaltungen zum Gedenken an die Novemberpogrome wurde diese Verharmlosung der NS-Verbrechen noch verschärft. Die folgende Auflistung stellt lediglich eine Auswahl dar.
Leipzig, Sachsen: Am 6. November setzte ein Redner bei einer Versammlung den Umgang mit Personen, die keine Maske tragen mit der antisemitischen Markierung von im Nationalsozialismus als jüdisch verfolgten Menschen gleich. Bei einer Versammlung am nächsten Tag trug eine Person am Rücken einen gelben Stoffstern mit dem Schriftzug „Ich bin ein Covidjud“. Eine weitere Person trug einen sogenannten Judenstern mit dem aufgedruckten Buchstaben „C“. Auf einem mitgeführten Schild wurde die Aussage „Mainstreammedia = wieder Holocaustkomplizen“ präsentiert. Auf der Versammlung wurde ein Flyer verteilt, der das Eingangstor des Stammlagers in Auschwitz zeigt, dessen Inschrift zu „Impfen macht frei“ geändert wurde. Im Flyer wurde behauptet, es seien „weltweite Internierungslager (KZs) für Impfverweigerer im Aufbau“. Weitere antisemitische Verschwörungsmythen wurden auf Schildern präsentiert („Hochfinanz“) oder in spontanen Reden verbreitet. In einer Rede wurde die Existenz eines „Kalergi-Plans“ behauptet – eines antisemitischen Verschwörungsmythos, demzufolge angeblich ein Austausch der deutschen Bevölkerung geplant sei.
Bremen: Am 7. November sagte ein Redner bei einer Versammlung, die Diskussion über Kontrollen der Coronamaßnahmen erinnere ihn „ein wenig an Anne Frank“. Er verharmloste damit die Verfolgung der Jüdinnen_Juden während des Nationalsozialismus.
Oranienburg, Brandenburg: Am 9. November äußerten sich bei einer Versammlung unweit des Mahnmals für die Novemberpogrome von 1938 im Rahmen einer „Corona-Info-Tour“ mehrere Redner_innen in geschichtsrevisionistischer Weise und bagatellisierten die antisemitische NS-Politik. Ein Redner sprach in Bezug auf die Coronamaßnahmen davon, wie man sich später an diese „dunkle Zeit“ erinnern werde, bei der ein Großteil der Bevölkerung „weggeschaut“ habe. Ein anderer Redner verwies auf das historische Datum des 9. November und auf den Beginn der Stigmatisierung und Ausgrenzung von Jüdinnen_Juden 1938. In Bezug auf die Coronamaßnahmen mahnte er: „Wehret den Anfängen.“
Moers, Nordrhein-Westfalen: Am 9. November wurden in einer Rede auf einer Versammlung Coronaleugner_innen und sogenannte Querdenker mit im Nationalsozialismus als jüdisch verfolgten Menschen gleichgesetzt. Mehrere Personen trugen Schilder mit roten oder schwarzen Winkeln, die zu dieser Zeit politische und als „asozial“ verfolgte Häftlinge in Konzentrationslagern kennzeichneten.
Passau, Bayern: Am 11. November verglich eine Rednerin auf einer als „Martinsumzug“ beworbenen Demonstration Personen, die keine Maske tragen wollen mit im Nationalsozialismus als jüdisch verfolgten Menschen.
Marburg, Hessen: Am 13. November wurden bei einer Versammlung Schilder mit den Aufschriften „Impfen macht frei“ und „Buchenwald statt Querdenken“ präsentiert. Damit wurde suggeriert, sogenannte Querdenker seien ähnlich bedroht wie im Nationalsozialismus als jüdisch verfolgte Menschen.
Hannover, Niedersachsen: Am 13. November verlas ein Redner bei einer Versammlung im Rahmen der „Corona-Info-Tour“ am Opernplatz die polizeilichen Auflagen für die Versammlung. Das Verbot, das Mahnmal für die ermordeten Juden Hannovers zu betreten, kommentierte er mit den Worten: „Wir sind hier in einer Situation, wo Kinder, die eine Maskenbefreiung haben, ein gelbes Armband tragen.“ Damit spielte er auf Armbänder an, die als jüdisch verfolgten Menschen im von Deutschland besetzten Polen ab 1. Dezember 1939 tragen mussten.
Bundesweit wurden zudem 17 weitere antisemitische Vorfälle bekannt. 15 davon richteten sich konkret gegen das Gedenken an die Novemberpogrome bzw. an Opfer der Schoa. Darunter waren ein Angriff, zwölf gezielte Sachbeschädigungen und zwei Fälle von verletzendem Verhalten.
Vor dem 9. November
Kusel, Rheinland-Pfalz: Am 4. November wurden auf einem erst kürzlich eröffneten Wanderweg „Jüdische Kultur“ die Beschilderung beschädigt und mit NS-Symbolen beschmiert.
Dortmund, Nordrhein-Westfalen: Am 7. und am 9. November wurde ein Restaurant, das von einer jüdischen Person geführt wird, mit Hakenkreuzen und dem Schriftzug „Juden Gasthaus“ beschmiert.
Detmold, Nordrhein-Westfalen: Am 8. November wurden die Stolpersteine für die Familie Herzberg in der Karlstraße mit roter Farbe beschmiert.
9. November
Bochum, Nordrhein-Westfalen: Teile einer öffentlichen Ausstellung über jüdische Sportler_innen bis 1933 und danach wurden zerstört.
Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen: An den Stolpersteinen für die Ehepaare Lucas und Servos in der Friedrichstraße abgelegte weiße Rosen wurden zerstört.
Frankenthal (Pfalz), Rheinland-Pfalz: Am Gedenkstein für die zerstörte Frankenthaler Synagoge wurde ein handgeschriebener Zettel mit antisemitischen Parolen abgelegt. Darauf hieß es „[mit] Geld regiert der Jude“, „Palästina – warum denkt daran keiner?“ sowie „Jedem das Seine“ – ein Verweis auf die Inschrift des Eingangstors zum Konzentrationslager Buchenwald.
Koblenz, Rheinland-Pfalz: Ein Informationsschild am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus am Reichenspergerplatz wurde umgeknickt.
Chemnitz, Sachsen: Zwei Personen störten eine Veranstaltung zum Gedenken an die Novemberpogromen am Marx-Denkmal und filmten die Teilnehmenden. Als die Versammlungsleiterin einschritt, griffen die beiden sie an.
Chemnitz, Sachsen: Ein vorbeigehender Mann pöbelte eine Person an, die neben einem Stolperstein eine Kerze aufstellte. Er sagte, „Das müsste man gleich wegtreten“.
10. November
Passau, Bayern: Ein Gedenkkranz am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus an der Innpromenade wurde in den Inn geworfen und die Blumen am Mahnmal zerstört.
Berlin-Oberschöneweide: Der Stolperstein für Manfred Stargardter in der Schillerpromenade wurde mit Zahnpasta beschmutzt.
Lübeck, Schleswig-Holstein: Anlässlich des 9. November legten Gedenkende Blumen und laminierte Blätter mit Biografien der Ermordeten an verschiedenen Stolpersteinen ab. Einige der Gedenktexte wurden aufgeschlitzt. An mindestens einem weiteren Stolperstein wurde ein Gedenktext entfernt.
Chemnitz, Sachsen: Zwei Personen störten eine Veranstaltung zum Gedenken an die Novemberpogromen am Marx-Denkmal und filmten die Teilnehmenden. Als die Versammlungsleiterin einschritt, griffen die beiden sie an. Chemnitz, Sachsen: Ein vorbeigehender Mann pöbelte eine Person an, die neben einem Stolperstein eine Kerze aufstellte. Er sagte, „Das müsste man gleich wegtreten“.
11. November und später
Kaiserslautern, Rheinland-Pfalz: Am 11. November wurde das Denkmal am Synagogenplatz mit dem Schriftzug „Hass Jude tot“ beschmiert.
Sankt Wendel, Saarland: Am 11. November wurde ein zum Gedenken an die Novemberpogrome abgelegter Kranz gestohlen.
Weiterstadt, Hessen: Am 12. November wurde am Gedenkort für die ehemalige Synagoge in Gräfenhausen ein Blumengesteck samt Schale zerstört.
Leer, Niedersachsen: Am 13. November wurden am Synagogen-Gedenkplatz abgelegte Blumenkränze zerstört.
Fußnoten
- Dieses Dunkelfeld erschwert auch die Erfassung antisemitischer Straftaten in der polizeilichen Statistik über Politisch Motivierte Kriminalität (PMK). Die PMK-Statistik gibt definitionsbedingt nur Auskunft über Straftaten, die bei der Polizei angezeigt wurden. Zum einen sind aber viele antisemitische Vorfälle strafrechtlich nicht relevant. Zum anderen meiden viele Betroffene selbst bei strafrechtlich relevanten antisemitischen Vorfällen den Gang zur Polizei. In einer Studie zum sogenannten Dunkelfeld aus Niedersachsen nannten Opfer von „Hasskriminalität“ Gründe für eine unterlassen Anzeige. Erwähnt wurden schlechte Erfahrungen mit der Polizei (22,8 %), zu viel Mühe (19,3 %), Angst vor einem Gerichtsverfahren (8,2 %), der Wunsch nach Ruhe bzw. nach Vergessen des Erlebnisses (25,7 %) sowie Angst vor den Täter_innen (13,2 %). Siehe Landeskriminalamt Niedersachsen, Kriminologische Forschung und Statistik. Befragung zu Sicherheit und Kriminalität in Niedersachsen 2017. Bericht zu Kernbefunden der Studie, online unter https://www.lka.polizei-nds.de/download/73539/Kernbefundebericht_2017.pdf, abgerufen am 21. Mai 2021.↩
- Im Januar 2021 haben drei weitere landesweite Meldestellen ihre Arbeit aufgenommen: RIAS Niedersachsen und RIAS Thüringen (beide in Trägerschaft der Amadeu Antonio Stiftung, RIAS Thüringen dabei als Teilprojekt des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft) sowie RIAS Sachsen-Anhalt (in Trägerschaft der Diakonie Mitteldeutschland). Von Anfang an beteiligt sich zudem die Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit Beratung bei Rassismus und Antisemitismus (SABRA) in Nordrhein-Westfalen (in Trägerschaft der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf) an der BAG. Eine landesweite Meldestruktur für Nordrhein-Westfalen befindet sich derzeit im Aufbau. Daran wird voraussichtlich auch die Mitte 2020 gegründete Fachstelle [m²] miteinander mittendrin. Für Demokratie – Gegen Antisemitismus und Rassismus der Stadt Köln beteiligt sein.↩
- 238 von insgesamt 1.004 dokumentierten antisemitischen Vorfälle in Berlin 2020 (23,7 %) wurden der Meldestelle durch einen Abgleich mit dem Berliner Kriminalpolizeilichen Meldedienst – Politisch Motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) bekannt. 80 von insgesamt 141 dokumentierten antisemitischen Vorfällen in Brandenburg 2020 (56,7 %) wurden RIAS Brandenburg durch einen Abgleich mit dem brandenburgischen KPMD-PMK bekannt.↩
- Siehe Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus e. V. (Bundesverband RIAS), Arbeitsweisen, online unter https://report-antisemitism.de/rias-bund, abgerufen am 23. April 2021.↩
- Siehe ebd.↩
- Siehe Natan Sharansky, 3D Test of Anti-Semitism: Demonization, Double Standards, Delegitimization, in: Jewish Political Studies Review 16 (2004) 3–4, online unter http://jcpa.org/article/3d-test-of-anti-semitism-demonization-double-standards-delegitimization/, abgerufen am 17. Februar 2021.↩
- Für eine ausführlichere, an den Politologen Hans-Gerd Jaschke angelehnte Definition des Begriffs Rechtsextremismus siehe Bundesverband Mobile Beratung (BMB), Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus. Inhaltliche und methodische Grundsätze, hier S. 16. Online unter https://www.bundesverband-mobile-beratung.de/wp-content/uploads/2018/03/bmb_grundsaetze_DinA5_web.pdf, abgerufen am 2. April 2021.↩
- Den Zusammenhang zwischen Verschwörungsdenken und Antisemitismus erläutert folgende Broschüre: Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS Bayern), „Das muss man auch mal ganz klar benennen dürfen“. Verschwörungsdenken und Antisemitismus im Kontext von Corona, online unter https://report-antisemitism.de/documents/RIAS_Bayern_Monitoring_Verschwoerungsdenken_und_Antisemitismus_im_Kontext_von_Corona.pdf, abgerufen am 30. Mai 2021.↩
- In der Kategorie Erscheinungsform kann ein antisemitischer Vorfall mehrfach zugeordnet werden, so dass die Gesamtsumme der Anteile 100 % übersteigen kann↩
- RIAS Bayern befindet sich in der Trägerschaft des Vereins für Aufklärung und Demokratie e. V. (VAD) und wird gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales. Die Veröffentlichungen von RIAS Bayern stellen keine Meinungsäußerung des Staatsministeriums dar. Für inhaltliche Aussagen tragen die Autor_innen die Verantwortung.↩
- Die RIAS Bayern bekannt gewordenen Vorfälle können immer nur einen Teil der Wirklichkeit abbilden. RIAS Bayern wurde erst 2019 gegründet. Mit steigender Bekanntheit und zusätzlichem Personal können auch mehr antisemitische Vorfälle dokumentiert werden. Daher ist von einer großen Dunkelziffer antisemitischer Vorfälle auszugehen. Zudem kann RIAS Bayern nur Aussagen über bekannt gewordene antisemitische Vorfälle treffen, aber nicht darüber, wie viele Menschen in Bayern beispielsweise antisemitisch denken. Eine generelle Aussage darüber, inwieweit Antisemitismus zu- oder abgenommen hat, ist daher nicht möglich.↩
- RIAS Berlin ist ein Projekt des Vereins für Demokratische Kultur in Berlin e. V. (VDK) und wird gefördert im Rahmen des Landesprogramms „Demokratie. Vielfalt. Respekt. In Berlin – Gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung sowie durch die Amadeu Antonio Stiftung.↩
- RIAS Brandenburg ist ein Projekt der Fachstelle Antisemitismus Brandenburg in Trägerschaft des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien und wird durch das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ gefördert.↩
- LIDA-SH ist die Dokumentationsstelle für antisemitische Vorfälle in Schleswig-Holstein und wird im Rahmen des Landesprogramms zur Demokratieförderung und Rechtsextremismusbekämpfung durch das Land Schleswig-Holstein, den Landespräventionsrat Schleswig-Holstein und das Landesdemokratiezentrum Schleswig-Holstein gefördert.↩
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Brandenburg 2020
Antisemitische Vorfälle in Brandenburg
10. Juni 2021RIAS Brandenburg
Eine Publikation von RIAS Brandenburg, einem Projekt der Fachstelle Antisemitismus Brandenburg, die am Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien angesiedelt ist.
Bavaria 2020
Antisemitische Vorfälle in Bayern
3. Mai 2021RIAS Bayern
Eine Publikation von RIAS Bayern in Trägerschaft des Vereins für Aufklärung und Demokratie (VAD)
Berlin 2020
Antisemitische Vorfälle in Berlin
19. April 2021RIAS Berlin
Eine Publikation von RIAS Berlin in Trägerschaft des Vereins für demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V.
Schleswig-Holstein 2020
Auswertung Antisemitischer Vorfälle in Schleswig-Holstein
1. März 2021LIDA-SH
Berlin Januar bis Juni 2020
Antisemitische Vorfälle in Berlin
22. September 2020RIAS Berlin
Nationwide 2019
Bericht dokumentierter antisemitischer Vorfälle
6. Mai 2020Bundesverband RIAS e.V.
Eine Publikation des Bundesverband RIAS
Brandenburg 2019
Antisemitische Vorfälle in Brandenburg
4. Mai 2020RIAS Brandenburg
Ein Bericht von RIAS Brandenburg in Trägerschaft des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien
Berlin 2019
Antisemitische Vorfälle in Berlin
29. April 2020RIAS Berlin
Eine Publikation von Vereins für demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V.
Bavaria 2019
Antisemitische Vorfälle in Bayern
23. April 2020RIAS Bayern
Eine Publikation von RIAS Bayern in Trägerschaft der Bayerischen Jugendrings
Schleswig-Holstein zwischen Januar und Oktober 2019
Auswertungsbroschüre zu antisemitischen Vorfällen in Schleswig-Holstein
1. Januar 2020LIDA-SH
Auswertung antisemitischer Vorfälle zwischen Januar und Oktober 2019 im Land Schleswig-Holstein
Berlin Januar bis Juni 2019
Antisemitische Vorfälle in Berlin
26. September 2019RIAS Berlin
Berlin 2018
Antisemitische Vorfälle in Berlin
17. April 2019RIAS Berlin
Eine Publikation von RIAS Berlin in Trägerschaft des Vereins für demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V.
Berlin Januar bis Juni 2018
Antisemitische Vorfälle in Berlin
25. Oktober 2018RIAS Berlin
Eine Publikation von RIAS Berlin in Trägerschaft des Vereins für demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V.
Berlin 2017
Antisemitische Vorfälle in Berlin
18. April 2018RIAS Berlin
Eine Publikation von RIAS Berlin in Trägerschaft des Vereins für demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V.
Berlin 2016
Antisemitische Vorfälle in Berlin
22. Februar 2017RIAS Berlin
Eine Publikation von RIAS Berlin in Trägerschaft des Vereins für demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V.
Berlin #EveryDayAntisemitism sichtbar machen und Solidarität stärken.
„Wir stehen alleine da.“
Broschüre: 1. Auflage 201518. Juli 2016RIAS Berlin
Neue Wege der Erfassung antisemitischer Vorfälle – Unterstützungsangebote für die Betroffenen.
Berlin 2015
Antisemitische Vorfälle in Berlin
18. April 2016RIAS Berlin
Eine Publikation von RIAS Berlin in Trägerschaft des Vereins für demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V.