Regional
Auf den Vorstellungsseiten der regionalen Meldestellen finden Sie Informationen über die Mitglieder der Bundes arbeitsgemeinschaft und Ergebnisse ihrer dokumentarischen Tätigkeit.
Bundesweit
Der Bundesverband RIAS e.V. initiiert und unterstützt den Aufbau regionaler Melde- und Unterstützungsnetzwerke und bildet sich neu gründende zivilgesellschaftliche Projekte fort. Deren Hauptzweck ist die Erfassung antisemitischer Vorfälle in Deutschland.
Arbeitsweisen
Prinzipien unserer Arbeit bei der Einordnung antisemitischer Vorfälle. Die von uns verwendeten Definitionen sowie Anforderungen für die Arbeit im Rahmen unserer Bundesarbeitsgemeinschaft.
Anforderungen für die Arbeit als Mitglied in der Bundesarbeitsgemeinschaft des Bundesverbands der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus e.V.
Im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) des Bundesverbands RIAS e.V. vom 2. bis 4. März 2022 wurde sich auf folgende verpflichtende und anzustrebende Anforderungen für die Arbeit als zivilgesellschaftliche Anlaufstelle für antisemitische Vorfälle und die Mitarbeit in der BAG geeinigt.
Die Anforderungen dienen als Orientierung für alte, neue und zukünftige Projekte dieser Art und werden bei Treffen der BAG stets überprüft und weiterentwickelt.
- Die Definition eines antisemitischen Vorfalls als solchen erfolgt auf Grundlage der vom Verein für demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V. und von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS Berlin) angepassten Version der Arbeitsdefinition „Antisemitismus“ bzw. der Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) zur Leugnung und Verharmlosung der Schoa, sowie der Trias aus Dämonisierung, Delegitimierung und Doppelten Standards bei israelbezogenem Antisemitismus.
- Im Zuge der Arbeit werden sämtliche Formen des Antisemitismus (Post-Schoa-, israelbezogener, moderner, antijudaistischer Antisemitismus, antisemitisches Othering) dokumentiert, unabhängig des politisch-weltanschaulichen Hintergrunds der Täter_innen.
- Die Dokumentation und Kategorisierung verifizierter Vorfälle erfolgt verpflichtend mit Hilfe einer durch den Bundesverband RIAS e.V. zur Verfügung gestellten Datenbank. Das in der Datenbank angewendete Kategoriensystem wurde mit Unterstützung der Emil-Julius-Gumbel-Forschungsstelle des Moses-Mendelssohn-Zentrums für Europäisch-Jüdische Studien sowie des Internationalen Instituts für Bildung-, Sozial- und Antisemitismusforschung (IIBSA) entwickelt und wissenschaftlich überprüft.
- Im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft und mit Zustimmung der wissenschaftlichen Beratung des Bundesverbands RIAS können die verwendeten Kategorien weiterentwickelt und die Datenbank entsprechend aktualisiert werden.
- Eine mehrsprachige, internetbasierte, Betriebs- und Endgerät-offene Erreichbarkeit für alle jüdischen und nichtjüdischen Betroffenen und Zeug_innen von Antisemitismus in Deutschland wird durch die Nutzung des zentralen Meldeportals http://www.report-antisemitism.de ermöglicht. Desweiteren stellen Projekte die Ansprechbarkeit per Telefon, E-Mail oder mündlich nach Bedarf sicher.
- Eine Kontaktaufnahme zu Meldenden im geographischen Zuständigkeitsbereich soll nach maximal 72 Stunden und bei Angriffen oder Androhungen von Gewalt am ersten Arbeitstag nach Eingang der Meldung erfolgen.
- Zur Nutzung der Vorfallsdatenbank und des Meldeportals http://www.report-antisemitism.de des Bundesverbands RIAS e.V. sind die entsprechenden Qualifizierungsmodule verpflichtend zu absolvieren. Die Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung und die vom Bundesverband RIAS e.V. entwickelten Leitlinien für Datensicherheit sind zu berücksichtigen und anzuwenden.
- Eine enge Zusammenarbeit mit den jüdischen Gemeinschaften wird gesucht und die Meldemöglichkeit bei möglichst vielen jüdischen und nichtjüdischen Organisationen vorgestellt und Vereinbarungen zur dauerhaften Bewerbung des Meldeangebots getroffen.
- Verweisberatung und ein Fallabgleich mit anderen zivilgesellschaftlichen Dokumentationsprojekten werden angestrebt. Hierfür werden Absprachen mit den jeweils geeigneten Strukturen vor Ort getroffen. Die Projekte verweisen Ratsuchende ausschließlich an Träger und Projekte, die einen sensiblen Umgang mit Betroffenen antisemitischer Vorfälle gewährleisten können. Dafür sind sowohl ein geteiltes Verständnis von Antisemitismus auf Grundlage der IHRA- Antisemitismus-Arbeitsdefinition als auch ein Wissen um die Gefahren sekundärer Viktimisierungen von entscheidender Bedeutung.
- Eine zivilgesellschaftliche Meldestelle für antisemitische Vorfälle sollte über mindestens zwei Vollzeitstellen (Teilzeitäquivalente möglich) verfügen, die an den Qualifizierungsmaßnahmen durch den Bundesverband teilgenommen haben. Das Projekt muss trägerintern und in der Öffentlichkeit als eigenständiges Projekt arbeiten und wahrgenommen werden können.
- Projekte und Mitarbeitende agieren in ihren Funktionen so zurückhaltend und vertraulich, dass die Ansprechbarkeit des Projekts für alle von Antisemitismus Betroffenen dauerhaft gegeben bleibt. Dazu gehört auch Zurückhaltung bei etwaigen Konflikten in der jüdischen Gemeinschaft und solchen zwischen den jüdischen Gemeinden und anderen jüdischen Akteuren.
- Die Projekte verpflichten sich, dass alle Mitarbeitenden die Meldungen annehmen, verifizieren und in die Datenbank eintragen, an den qualifizierenden Fortbildungen des Bundesverbands RIAS e.V. teilnehmen und mindestens ein_e Mitarbeitende zu den Bundesarbeitsgemeinschaften zu entsenden.
- Die Öffentlichkeit wird kontinuierlich zu den Ergebnissen der zivilgesellschaftlichen Erfassung im jeweiligen Bundesland auf Grundlage des Pressekodex informiert. Hierbei orientieren sich die Projekte an den fachlichen Standards des Bundesverbands RIAS e.V.. Die Beteiligung an den Jahresberichten des Bundesverbands RIAS e.V. ist verbindlich.
- Die Projekte verpflichten sich anzustreben, innerhalb von zwölf Monaten nachdem sie Mitglied in der BAG wurden, die Anforderungen der Qualitätsstandards umzusetzen.
- Die Projekte und Mitarbeitende äußern sich in ihren Funktionen öffentlich gestützt auf die Ergebnisse der Arbeit und stets auf die eigene Fachlichkeit bezogen. Die Projekte verhalten sich hingegen zurückhaltend in Bezug auf politischen Aktivismus (bspw. die Unterstützung von Aufrufen, Petitionen, Reden auf Demonstrationen oder Kundgebungen).
Des Weiteren wurde sich auf folgende anzustrebende Anforderungen verständigt:
- Die Projekte nehmen an Arbeitsgruppen der BAG teil.
- Die Projekte führen in Absprache mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteur_innen ein systematisches Monitoring mit journalistischen Mitteln von Versammlungen durch, welche in ihrem geographischen Zuständigkeitsbereich liegen und bei welchen angesichts vergangener Veranstaltungen bzw. durch die inhaltliche Ausrichtung eines Aufrufs explizite oder implizite antisemitische Äußerungen zu befürchten sind.
- Die Projekte führen in Absprache mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteur_innen ein systematisches Monitoring von solchen Internet- oder Social Mediaseiten durch, welche im geographischen Zuständigkeitsbereich für eines der dokumentierten politisch-weltanschaulichen Spektren von besonderer Bedeutung sind.
- Um ein umfassendes Lagebild zu erlangen, wird ein anonymisierter Abgleich der angezeigten Fälle mit dem jeweiligen Landeskriminalamt bzw. den Polizeipräsidien der jeweiligen polizeilichen Bezirke eines Bundeslandes vorgenommen.
Die Anforderungen wurden gemeinsam entwickelt und werden mitgetragen von:
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RIAS Bayern
Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern in Trägerschaft des Vereins für Aufklärung und Demokratie (VAD) e.V. -
RIAS Berlin
Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin in Trägerschaft des Vereins für Demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V. -
RIAS Niedersachsen
Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Niedersachsen in Trägerschaft der Amadeu Antonio Stiftung -
RIAS Nordrhein-Westfalen
Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Nordrhein-Westfalen in Trägerschaft des Vereins für Aufklärung und demokratische Bildung e.V. -
RIAS Saarland
Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Saarland mit Sitz im Adolf-Bender-Zentrum -
RIAS Thüringen
Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Thüringen in Trägerschaft der Amadeu Antonio Stiftung -
LIDA-SH
Landesweite Informations- und Dokumentationsstelle in Schleswig-Holstein in Trägerschaft vom Zentrum für Betroffene rechter Angriffe (Zebra e.V.) -
DIA Mecklenburg-Vorpommern
Dokumentations- und Informationsstelle Antisemitismus Mecklenburg-Vorpommern in Trägerschaft von Lobbi e.V.
Arbeitsdefinition Antisemitismus
Die im Jahr 2004 von European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia (EUMC), der Vorgängerorganisation der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA), gemeinsam mit zahlreichen NGOs entwickelte und im September 2017 durch die Bundesregierung zur Verwendung empfohlene „Arbeitsdefinition Antisemitismus“ wurde 2014 durch den Verein für Demokratische Kultur in Berlin e.V. (VDK e.V.) vor der Gründung der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS) an wenigen Stellen für den deutschen Kontext operationalisiert und spezifiziert. Wenngleich es klar war, dass keine Bestandteile oder Beispiele aus der Definition entfernt werden dürfen. Außerdem wurden die in der Definition aufgeführten Beispiele nach Spielarten des Antisemitismus gegliedert. Diese operationalisierte Fassung ist seit Projektbeginn Grundlage der Arbeit von RIAS.
RIAS arbeitet also mit folgender Version der IHRA Arbeitsdefinition (Kursiv gesetzte Passagen oder Begriffe wurden hinzugefügt um die Definition für den deutschen Kontext anzupassen):
Der Antisemitismus beschreibt gesellschaftlich tradierte Wahrnehmungen eines fremd konstruierten jüdischen Kollektivs. Die Wirkmächtigkeit dieser Fiktionen zeigt sich in der Verbreitung antisemitischer Einstellungen, öffentlicher Debatten und kann sich als Hass gegenüber Jüdinnen_Juden ausdrücken. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.
Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein. Oft enthalten antisemitische Äußerungen die Anschuldigung, die Jüdinnen_Juden betrieben eine gegen die Menschheit gerichtete Verschwörung und seien dafür verantwortlich, dass „die Dinge nicht richtig laufen“. Der Antisemitismus manifestiert sich in Wort, Schrift und Bild sowie in anderen Handlungsformen, er benutzt negative Stereotype und unterstellt negative Charakterzüge.
Aktuelle Beispiele von Antisemitismus im öffentlichen Leben, in den Medien, Schulen, am Arbeitsplatz und in der religiösen Sphäre können unter Berücksichtigung des Gesamtkontexts folgendes Verhalten einschließen, ohne darauf beschränkt zu sein:
Grundzüge antisemitischer Erscheinungsformen
- Der Aufruf zur Tötung oder Schädigung von Jüdinnen_Juden im Namen einer radikalen Ideologie oder einer extremen Religionsanschauung.
- Die Darstellung jüdischer Religionsausübung als Ausdruck einer archaischen Kultur.
- Fremdkonstruktion eines jüdischen Kollektivs mit spezifischen körperlichen und charakterlichen Eigenschaften
Moderner Antisemitismus
- Falsche, dämonisierende oder stereotype Anschuldigungen gegen Jüdinnen_Juden oder die geheime jüdische Macht – insbesondere die Mythen über eine jüdische Weltverschwörung oder über die Kontrolle der Medien, Wirtschaft, Regierung oder anderer gesellschaftlicher Institutionen durch die Jüdinnen_Juden.
- Das Verantwortlichmachen der Jüdinnen_Juden als Volk für das (tatsächliche oder unterstellte) Fehlverhalten einzelner Jüdinnen_Juden, einzelner jüdischer Gruppen oder von Nicht- Jüdinnen_Juden.
Post-Schoa-Antisemitismus
- Das Bestreiten der historischen Tatsache, des Ausmaßes, der Mechanismen (z.B. der Gaskammern) sowie der Vorsätzlichkeit des Völkermordes an den Jüdinnen_Juden durch das nationalsozialistische Deutschland und seine Unterstützer_innen und Kompliz_innen während des Zweiten Weltkrieges (Schoa).
- Die Behauptung Jüdinnen_Juden seien für die Schoa selbst verantwortlich.
- Der Vorwurf gegenüber dem jüdischen Volk oder dem Staat Israel, die Schoa übertrieben darzustellen oder erfunden zu haben.
- Schuldabwehr drückt sich in der Empörung über und die Zurückweisung von Positionen und Denkzeichen, die an die nationalsozialistischen Verbrechen an den Jüdinnen_Juden erinnern, aus. Sie treten häufig gemeinsam mit Verhöhnungen der Opfer auf.
Israelbezogener Antisemitismus
- Der Vorwurf gegenüber Jüdinnen_Juden, sie fühlten sich dem Staat Israel oder angeblich bestehenden weltweiten jüdischen Interessen stärker verpflichtet als den Interessen ihrer jeweiligen Heimatländer.
- Das Abstreiten des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z.B. durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches / koloniales Unterfangen.
- Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet und verlangt wird.
- Das Verwenden von Symbolen und Bildern, die mit traditionellem Antisemitismus in Verbindung stehen (z.B. der Vorwurf des Christusmordes oder die Ritualmordlegende), um Israel oder die Israelis zu beschreiben.
- Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik der Nationalsozialisten.
- Das Bestreben, alle Jüdinnen_Juden kollektiv für Handlungen des Staates Israel verantwortlich zu machen.
Handlungsformen
Antisemitische Taten sind Straftaten, wenn sie als solche vom Gesetz bestimmt sind (z.B. in einigen Ländern die Leugnung des Holocausts oder die Verbreitung antisemitischer Materialien).
Straftaten sind antisemitisch, wenn die Angriffsobjekte, seien es Personen oder Sachen – wie Gebäude, Schulen, Gebetsräume und Friedhöfe – deshalb ausgewählt werden, weil sie jüdisch sind, als solche wahrgenommen oder mit Jüdinnen_Juden in Verbindung gebracht werden.
Antisemitische Diskriminierung besteht darin, dass Jüdinnen_Juden Möglichkeiten oder Leistungen vorenthalten werden, die anderen Menschen zur Verfügung stehen.
Arbeitsdefinition zur Leugnung und Verharmlosung der Schoa
Um das Vorliegen der Leugnung oder Verharmlosung der Schoa festzustellen, verwendet RIAS die von der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) im Oktober 2013 verabschiedete Arbeitsdefinition, die in der hier veröffentlichten Fassung lediglich den sprachlichen Konventionen von RIAS (Gender Gap, Verwendung des Begriffs „Schoa“ statt „Holocaust“) angepasst wurde.
Als Schoaleugnung werden solche Diskurse und Formen der Propaganda verstanden, die die historische Realität und das Ausmaß der Vernichtung der Jüdinnen_Juden durch die Nazis und deren Komplizen während des zweiten Weltkriegs – bekannt als Holocaust oder Schoa – negieren. Schoaleugnung bezieht sich namentlich auf jeden Versuch zu behaupten, die Schoa habe nicht stattgefunden.
Schoaleugnung ist auch dann gegeben, wenn die Instrumente der Vernichtung (wie Gaskammern, Massenerschießungen, Verhungern und Folter etc.) oder die Vorsätzlichkeit des Völkermords geleugnet oder in Zweifel gezogen werden.
Schoaleugnung ist in allen ihren verschiedenen Formen stets Ausdruck von Antisemitismus. Wer den Völkermord an Jüdinnen_Juden leugnet, versucht, Nationalsozialismus und Antisemitismus von Schuld und Verantwortung für diesen Völkermord am jüdischen Volk zu entlasten.
Formen der Schoaleugnung bestehen auch darin zu behaupten, Jüdinnen_Juden übertrieben oder erfänden die Schoa, um daraus einen politischen oder einen finanziellen Vorteil zu ziehen, als wäre die Schoa selbst das Ergebnis einer Verschwörung der Jüdinnen_Juden. Dies zielt letztlich darauf ab, die Jüdinnen_Juden für schuldig und den Antisemitismus wieder für legitim zu erklären.
Häufig zielt die Schoaleugnung auf die Rehabilitation eines offenen Antisemitismus ab und will damit eben die politischen Ideologien und Bedingungen fördern, die zum Auftreten genau jener Art von Vorgängen passen, die sie leugnet.
Unter Verfälschung der Schoa ist u.a. zu verstehen:
- das absichtliche Bemühen, die Auswirkungen der Schoa oder ihre wesentlichen Faktoren, die ihn ermöglichten und begünstigten, einschließlich der Kollaborateur_innen und der Verbündeten Nazi-Deutschlands, zu entschuldigen oder zu verharmlosen;
- die grobe Verringerung der Zahl der Opfer der Schoa im Widerspruch zu den verlässlichen Quellen;
- jeder Versuch, die Jüdinnen_Juden zu beschuldigen, den an ihnen verübten Genozid selbst verursacht zu haben;
- jene Aussagen, die die Schoa zu einem positiven geschichtlichen Ereignis verformen. Solche Äußerungen sind keine Schoaleugnung an sich, aber sie sind als radikale Form des Antisemitismus eng damit verbunden. Entsprechende Äußerungen könnten suggerieren, dass die Schoa nicht weit genug gegangen sei, um das Ziel einer „Endlösung der Judenfrage“ zu erreichen.
- die Versuche, die Verantwortung für die Errichtung von Konzentrations- und Vernichtungslagern, wie sie von Nazi-Deutschland entwickelt und betrieben wurden, zu verschleiern, indem die Schuld anderen Nationen oder ethnischen Gruppen zugeschoben wird.
Vorfallskategorien
Bei der Kategorisierung der einzelnen Vorfallsarten orientiert sich RIAS an den Definitionen der britischen jüdischen wohltätigen Organisation Community Security Trust (CST) Quelle der Vorlage als PDF.
Die Kategorien wurden dabei an die Situation in Deutschland angepasst. So wurde die Kategorie der Sachbeschädigung um Vorfälle an Orten der Erinnerung an die Schoa erweitert, um dem im Vergleich zum Vereinigten Königreich weitaus stärker verbreiteten Phänomen der Erinnerungsabwehr Rechnung zu tragen.
Als extreme Gewalt werden physische Angriffe oder Anschläge gewertet, die den Verlust von Menschenleben zur Folge haben können oder schwere Körperverletzungen darstellen. Zu der Kategorie gehören auch Fälle von Kidnapping, Messerangriffe oder Schüsse.
Als physischer Angriff wird jeder körperliche Angriff auf eine Person gezählt, der nicht lebensbedrohlich ist und keine starken körperliche Schädigungen nach sich zieht. Darunter fallen auch versuchte Angriffe, also Fälle, in denen sich die Betroffenen verteidigen oder die Flucht ergreifen. Als versuchter Angriff wird auch das Werfen von Gegenständen (wie Steine, Flaschen etc.) gewertet, selbst wenn diese ihr Ziel verfehlen.
Als Sachbeschädigung zählt RIAS das Sprühen, Malen oder Schmieren antisemitischer Slogans oder Symbole, das Anbringen antisemitischer Aufkleber oder Plakate sowie die Beschädigung von jüdischem Eigentum oder von Orten der Erinnerung an die Schoa.
Als Bedrohung wird jede eindeutige und konkret adressierte schriftliche oder mündliche Drohung gewertet. Die Eindeutigkeit ergibt sich aus der direkten oder indirekten Androhung von Gewalt gegen Personen, Personengruppen oder Sachen. Die Konkretheit ist dann gegeben, wenn die Bedrohung gegen eine konkrete Person, eine Personengruppe oder Institution gerichtet ist.
Die Kategorie verletzendes Verhalten schließt sämtliche Vorfälle ein, bei denen Jüdinnen, Juden oder jüdische Institutionen gezielt, böswillig oder diskriminierend adressiert werden, unabhängig davon, ob der Text selbst antisemitische Stereotype enthält oder nicht. Des Weiteren fallen in diese Kategorie antisemitische Aussagen, die sich schriftlich oder mündlich gegen Nicht-Juden richten, antisemitische Schmierereien oder Aufkleber an nichtjüdischem Eigentum sowie Demonstrationen oder Kundgebungen unter freiem Himmel bzw. öffentlich zugängliche Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, wenn entweder auf den Versammlungen selbst (in Form von Wortbeiträgen, gerufenen Parolen, gezeigten Transparenten oder verteilten Propagandamaterialien) oder in den Ankündigungen und Aufrufen zur Versammlung antisemitische Inhalte feststellbar sind.
Als Massenzuschriften kategorisiert RIAS antisemitische Texte, die sich an mindestens zwei Adressat_innen richten oder die auf andere Art und Weise der massenhaften Verbreitung ein möglichst breites Publikum erreichen sollen. Auch Texte ohne explizit antisemitische Inhalte werden als Vorfälle aufgenommen, wenn sie an jüdische Adressat_innen verschickt werden.