Im Glossar werden Begriffe und Ereignisse, die in den Bildungsmaterialien des Bundesverbands RIAS benutzt werden, erklärt.
Historische Begriffe
Hier findet ihr Erläuterungen zu historischen Themen, Begriffen und Ereignissen.
Alliierten
Der Begriff kommt aus dem Lateinischen, gelangte über die französische in die deutsche Sprache und bedeutet Verbündete (in kriegerischen Auseinandersetzungen). Im zweiten Weltkrieg bezeichnen die Alliierten die vier verbündeten Achsenmächte (Frankreich, USA, England und die Sowjetunion), die Nazideutschland bekämpften und besiegten.
Antijüdische Gesetze
Nach ihrer Machtübergabe mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 erließen die Nationalsozialist_innen zahlreiche antijüdische Gesetze und Verordnungen, um die jüdische Bevölkerung zu diskriminieren, zu isolieren und ab 1941 ihre Vernichtung vorzubereiten und durchzuführen. Erste Grundlage dafür war die am 28. Februar 1933 vom Reichspräsidenten erlassene „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“, mit der die Grundrechte außer Kraft gesetzt wurden.
Berufsverbote
Im April 1933 wurden mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ sogenannte „nicht-arische“ Beamt_innen, neben Jüdinnen_Juden auch Sinti_zze und Rom_nja, in den Ruhestand versetzt. Mit dem sogenannten Arierparagraphen wurden zunächst auch alle „nicht-arischen“ Ärzt_innen und Rechtsanwält_innen aus den jeweiligen Berufsverbänden ausgeschlossen, was faktisch einem Berufsverbot gleichkam. In den folgenden Monaten kamen weitere Berufsgruppen dazu.
Aufenthaltsverbote
Im Zuge der schrittweisen Repression und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung, erließen die Nationalsozialist_innen auch Verordnungen, die Jüdinnen_Juden in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkten: Dazu gehörte die Einführung einer „Polizeiverordnung über das Auftreten der Juden in der Öffentlichkeit“ am 28. November 1938, welche ein Aufenthaltsverbot im öffentlichen Raum an bestimmten Tagen umfasste. Am 4. Mai 1940 wurde zudem eine Ausgangssperre zu bestimmten Tageszeiten beschlossen.
Birobidschan
1934 erklärte Josef Stalin eine karge Region, im Osten der Sowjetunion zwischen den Flüssen Biro und Bidschan gelegen, zur „Jüdischen Autonomen Oblast“ mit der Hauptstadt Birobidschan. Das Gebiet sollte als Heimat für jüdische Siedler_innen dienen, die eine Alternative zu Palästina suchten. Trotz der Propagandakampagnen der sowjetischen Regierung war die tatsächliche jüdische Bevölkerung hier jedoch nie sehr groß, und viele Einwander_innen wurden später Opfer von Repressionen unter Stalin.
Displaced Persons (DP)
Unter dem Sammelbegriff Displaced Persons wurden nach Ende des Zweiten Weltkrieges all diejenigen Menschen gefasst, die sich aufgrund der nationalsozialistischen Verfolgung oder Verschleppung außerhalb ihrer Heimatländer befanden und nicht in diese zurückkehren wollten oder konnten, u.a. weil sie dort Verfolgung befürchteten oder ihre Familienmitglieder ermordet waren: Dazu gehörten befreite Häftlinge aus den Konzentrations- und Vernichtungslagern, Außen- und Arbeitslagern, Zwangsarbeiter_innen und Kriegsgefangene. Insgesamt handelte es sich um knapp elf Millionen Menschen, in häufig prekärem gesundheitlichen und psychischen Zustand. Alliierte und internationale Hilfsorganisationen bemühten sich, die Unterbringung, Versorgung und Unterstützung der DPs zu organisieren. Sie wurden in eigenen Lagern, manchmal in Krankenhäusern oder Schulen, aber auch an Orten der ehemaligen Verfolgung wie in Konzentrationslagern untergebracht, erhielten Verpflegung, Kleidung und wurden betreut. Meist bildeten sich bereits nach kurzer Zeit selbstorganisierte Strukturen. Ziel war es, die DPs in ihre Heimat zurückzuführen bzw. ihre Auswanderung in Länder zu unterstützen, in denen sie Verwandte oder Kontakte hatten. Häufig waren die DP Camps Ausgangspunkt für zionistische Bewegungen, um in das Mandatsgebiet Palästina zu emigrieren.
Deportation
Der Begriff Deportation (lateinisch deportare: wegbringen, fortschaffen) bezeichnet die Zwangsverschleppung von Einzelpersonen oder Personengruppen, durchgeführt mit staatlicher Gewalt. Mit den Deportationen wurden Jüdinnen_Juden, Sint_ezze und Rom_nija und andere verfolgte Gruppen vor allem in die von Deutschland besetzten Gebiete nach Osteuropa, in die Ghettos und Lager, verschleppt. Bereits 1938 während der sogenannten Polenaktion sowie während der Novemberpogrome fanden erste Deportationen statt. Ab 1941 wurde der systematische Massenmord der europäischen Jüdinnen_Juden mittels Deportationen umgesetzt. Beteiligt an der Organisation, Koordination und Ausführung der Deportationen waren unterschiedliche Akteure: von den Angehörigen des NS-Staatsapparates, über Polizeibeamte, Gestapo (kurz für Geheime Staatspolizei), Beamte aus Finanz- und Verwaltungsämtern, die sich freiwillig meldeten, um bei der Abwicklung der Deportationen mitzuwirken (es bestand seitens der Ämter keine Pflicht), SA (Sturmabteilung) und SS (Schutzstaffel) bis hin zur zivilen Bevölkerung, die angesichts der Deportationen schwiegen, auf den Straßen die zur Deportation abgeholten jüdischen Nachbar_innen verhöhnten und von jüdischem Besitz profitierten.
Entschädigungszahlungen
Entschädigungszahlungen sind finanzielle Leistungen, die von Regierungen oder anderen Institutionen an Opfer von Verbrechen oder Ungerechtigkeiten gezahlt werden, um erlittene Schäden auszugleichen. Nach der Schoa wurden mit dem Luxemburger Abkommen von 1952 Entschädigungszahlungen an die Verfolgten Jüdinnen_Juden verhandelt, insbesondere mit dem noch jungen Staat Israel sowie für vertriebene Jüdinnen_Juden. Nach und nach wurden weitere Verfolgtengruppen miteinbezogen. Diese Entschädigungszahlungen standen und stehen immer wieder in der Kritik von ehemals Verfolgten, da sie u.a. als Versuch gewertet werden, sich von der Verantwortung für die Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus zu entlasten.
Fabrikaktion und Proteste in der Rosenstraße
Die Fabrikaktion war eine von der Gestapo durchgeführte Razzia, genannt „Großaktion Juden“, gegen die letzten verbliebenen jüdischen Zwangsarbeiter_innen in Berlin. Am 27. Februar 1943 wurden die wenigen noch in Berlin lebenden Jüdinnen_Juden von ihren Zwangsarbeitsstellen in Sammellager gebracht, um von dort deportiert zu werden. Dies betraf zahlreiche Jüdinnen_Juden mit nichtjüdischen Partner_innen und ihre Kinder, die bis dato von den Deportationen verschont geblieben waren. Die Verhaftungen lösten eine der größten Protestaktionen im nationalsozialistischen Deutschland aus. Nichtjüdische Ehepartner_innen, Angehörige und Freund_innen fanden einen der Haftorte heraus und trafen sich vor dem Sammellager in der Rosenstraße, um für die Freilassung ihrer jüdischen Ehepartner_innen, Freund_innen und Kinder zu protestieren. Die Forschung ist sich jedoch uneinig, was letztlich die Ursache für die Freilassung der Inhaftierten war und geht davon aus, dass die Proteste nicht ausschlaggebend waren, v.a. jene ohne nichtjüdische Familienangehörige wurden dennoch in die Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert.
Flucht und Exil in Shanghai
Shanghai war für die meisten Jüdinnen_Juden kein Wunschort, es handelte sich vielmehr um die „letzte Zuflucht“ für diejenigen, die weder über Kontakte ins Ausland noch finanzielle Mittel oder nachgefragte Berufe verfügten, die eine frühere Emigration möglich gemacht hätten: Ab 1938 flohen Jüdinnen_Juden über verschiedene Routen nach Shanghai, da die Stadt die Menschen ohne Visum oder andere Papiere aufnahm und keine Quotierungen einführte. Das ermöglichte es österreichischen Jüdinnen_Juden nach dem sog. „Anschluss“ im März 1938, der Eingliederung Österreichs in das nationalsozialistische Deutsche Reich, und deutschen Jüdinnen_Juden nach dem Novemberpogrom 1938 nach Shanghai zu entkommen. Auf Druck der NS-Regierung zwang die japanische Militärregierung die jüdischen Geflüchteten ab 1942 in den chinesischen Stadtteil Hongkou umzusiedeln, auch als Hongkou-Ghetto bezeichnet. Trotz äußerst schwieriger Lebensbedingungen vor Ort bedeutete es für viele Geflüchtete Schutz vor der Verfolgung und Ermordung durch die Nationalsozialisten.
„Gelber Stern“
Ab September 1941 trat im Deutschen Reich und im Protektorat Böhmen und Mähren die „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden“ in Kraft. Alle Jüdinnen_Juden mussten demnach ein gelbes Stück Stoff (die Nationalsozialist_innen nannten ihn „Judenstern“), auf dem ein Davidstern mit dem Wort „Jude“ beschriftet war, in der Öffentlichkeit gut sichtbar an der linken Brustseite ihrer Kleidung tragen. Es handelte sich um öffentliches Zwangskennzeichen für Personen, die nach den „Nürnberger Gesetzen“ 1935 als Jüdinnen_Juden galten. Diese Kennzeichnungspflicht zwang Jüdinnen_Juden weiter in die Isolation, setzte sie antisemitischer Gewalt in der Öffentlichkeit ungeschützt aus und war eine der letzten Maßnahmen im Vorfeld der Deportationen in die Ghettos und Lager.
Gestapo
Die Geheime Staatspolizei, kurz Gestapo, war eines der wichtigsten Terror- und Überwachungsinstrumente des NS-Regimes. Als politische Polizei entstand sie kurz nach der Machtübergabe der NSDAP 1933. Sie war verantwortlich für die Überwachung, Verfolgung und Unterdrückung von Regimegegner_innen, Jüdinnen_Juden und anderen als „feindlich“ eingestuften Personen, für die sie brutale Folter- und Ermittlungsmethoden einsetzte, und schließlich auch für die Koordination der Deportationen in die Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager. Die Gestapo baute ein ausgedehntes Überwachungssystem auf, das auf der Arbeit von Spitzeln und einem weit verbreiteten – privat, beruflich oder politisch begründeten – Denunziantentum beruhte.
Ghetto
Der Begriff Ghetto (auch Getto) beschreibt ein abgetrenntes Wohnviertel für bestimmte Bevölkerungsgruppen. Im Nationalsozialismus wurden verfolgte und deportierte Jüdinnen_Juden in solchen Bezirken unter beengten und schlechten Wohnverhältnissen inhaftiert und mussten in der Regel Zwangsarbeit leisten. Die Orte waren gekennzeichnet durch eine vermeintlich jüdische Selbstverwaltung, die jedoch auch mit Zwang durch die Nazis gesteuert wurden. Häufig waren die Orte Ausgangspunkt für die Deportationen in die Konzentrations- und Vernichtungslager.
Hitlerjugend
Die seit 1926 bestehende Hitlerjugend (HJ) war die Nachwuchsorganisation der NSDAP und aufgrund der Verbote aller sonstigen Jugendverbände ab 1933 die einzige Jugendorganisation während der NS-Zeit. Ab 1939 bestand der Zwang zur Mitgliedschaft für Jugendliche ab zehn Jahren. Der „Bund Deutscher Mädel“ (BDM) wurde 1930 als Jugendorganisation für Mädchen innerhalb der Hitlerjugend gegründet. Die Kinder und Jugendlichen sollten frühzeitig im nationalsozialistischen Weltbild erzogen werden.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM)
„Inoffizielle Mitarbeiter“ waren in der DDR Personen, die nicht offiziell beim Ministerium für Staatssicherheit angestellt waren, doch verdeckt Informationen u.a. durch Bespitzelung an die Behörde weitergaben. Dadurch war es möglich, jeden Bereich des gesellschaftlichen Lebens abzudecken und auszuhorchen. IMs waren ein wichtiges Macht- und Steuerungsinstrument der SED.
Jom-Kippur-Krieg
Der vom 6. bis zum 25. Oktober 1973 andauernde Jom-Kippur-Krieg war ein militärischer Konflikt zwischen Israel und einer Koalition arabischer Staaten, hauptsächlich Ägypten und Syrien. Der Überraschungsangriff auf Israel am jüdischen Feiertag Jom Kippur zielte auf die Rückeroberung der seit dem Sechstagekrieg 1967 von Israel besetzten Golanhöhen und der Sinai-Halbinsel. Ein vom UN-Sicherheitsrat geforderter Waffenstillstand trat offiziell am 24. Oktober 1973 in Kraft. Am 24. März 1979 schlossen Ägypten und Israel einen Friedensvertrag, der für Israel die Räumung der Sinai-Halbinsel und für Ägypten die Anerkennung Israels vorsah. Die Golanhöhen blieben hingegen weiterhin besetzt und wurden 1981 von Israel annektiert. Syrien erkennt den Staat Israel bis heute nicht an.
„Juden sind unser Unglück“
Der vom antisemitischen Publizisten Heinrich von Treitschke (1834-1896) geprägte Satz war am unteren Rand auf jeder Titelseite des Hetzblattes Der Stürmer abgedruckt. Die Wochenzeitung veröffentlichte antisemitische Karikaturen, Denunziationen und andere antisemitische Inhalte. Mit diesem Satz werden Jüdinnen_Juden für alle unliebsamen gesellschaftlichen Veränderungen verantwortlich gemacht.
„Judenhaus“
Ab 1939 wurde ein Teil der jüdischen Bevölkerung in sogenannte „Judenhäuser“ zwangseingewiesen. In der Behördensprache stand der Begriff für Wohnhäuser von (meist ehemals) jüdischen Eigentümer_innen, in denen bereits Jüdinnen_Juden lebten. Die Bedingungen waren überwiegend prekär und die Betroffenen wurden häufig als Untermieter_innen in Wohnungen untergebracht. Die Zwangsumsiedlungen gingen oft mit dem Raub jüdischen Eigentums einher. Die Zwangsunterkünfte wurden zudem zu Ausgangspunkten für die Deportationen in die Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager.
Kalderascha
Der Begriff „Kalderasch“ leitet sich von dem rumänischen Wort „căldărar“ ab, was übersetzt „Kesselschmied“ bedeutet. Er bezeichnet eine Gruppe der Rom_nja, die sich früher als Kupferschmiede spezialisiert hatte und in diesem Handwerk tätig war. Sie zählen heute zu einer der am weitesten verbreiteten Gruppen der Roma weltweit.
Kennkarte
Die Kennkarten waren ein Ausweisdokument im NS-Staat. Zum 1. Oktober 1938 trat eine Verordnung in Kraft, die besagte, dass Jüdinnen_Juden, die nach den sog. Nürnberger Rassegesetzen als solche definiert wurden, in ihren Kennkarten den Buchstaben „J“ für Jude führen mussten. Ab Januar 1939 mussten Jüdinnen_Juden zudem die Zweitnamen „Sara“, bzw. „Israel“ in ihren Kennkarten führen.
Kindertransporte
Nach Erlass der sog. „Nürnberger Gesetze“ konnten noch zwischen Ende November 1938 und 1. September 1939 circa 10.000 jüdische Kinder aus dem Deutschen Reich in Zügen und Schiffen nach u.a. England und Schweden ins Exil ausreisen. Die Kinder flohen ohne ihre Eltern, viele der Eltern wurden während der Schoa ermordet.
Konzentrations- und Vernichtungslager
Insbesondere in den durch Deutschland besetzten Gebieten im heutigen Polen kam es durch die Nazis zu Errichtung von Vernichtungslager. Diese waren ausschließlich für den Massenmord an den europäischen Jüdinnen_Juden sowie Sinti_zze und Rom_nja errichtet worden und die Ermordung fand hier in den meisten Fällen durch Gaskammern, aber auch durch Erschießungen, statt. Konzentrationslager befanden sich überall im Deutschen Reich und sie dienten vornehmlich der Inhaftierung auch von anderen verfolgten Gruppen, wie politischen Gegner_innen, sog. „Asozialen“ oder auch sexuellen Minderheiten. Die hier inhaftierten Gruppen mussten Zwangsarbeit leisten, waren unterversorgt und litten unter schlechten hygienischen Bedingungen, wobei diese Umstände häufig zum Tode führten. Aber auch in Konzentrationslagern fanden Massenerschiessungen und Folter statt, auch in manchen Konzentrationslagern fanden sich Gaskammern.
Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz
Auschwitz war das größte deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager. 1940 in der Nähe von Oświęcim im besetzten Polen errichtet, bestand es aus dem Konzentrationslager Auschwitz I (Stammlager), dem Vernichtungslager Auschwitz II (Birkenau), dem Konzentrationslager Auschwitz III (Buna, Monowitz) und etwa fünfzig weiteren Außenlagern. Während viele Häftlinge im 1941 errichteten Lager Buna-Monowitz Zwangsarbeit für die I.G. Farben verrichten mussten und aufgrund der Arbeits- und Lebensbedingungen zu Tode kamen oder direkt erschossen wurden, diente Birkenau der systematischen Massenvernichtung von Menschen: Hier wurden mehr als 1,1 Millionen Menschen zumeist in Gaskammern ermordet, darunter hauptsächlich Jüdinnen_Juden und Sinti_zze und Rom_nja aus ganz Europa. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee den Lagerkomplex Auschwitz.
Konzentrationslager Buchenwald
Nahe der Stadt Weimar ließ die SS 1937 das Konzentrationslager Buchenwald errichten. Als eines der größten auf deutschem Boden waren hier seit der Gründung ca. 277.800 Menschen aus über 50 Ländern inhaftiert: Jüdinnen_Juden, Sinti_zze und Rom_nja, als Homosexuell Verfolgte, Kriegsgefangene und andere als „feindlich“ eingestufte Personengruppen wurden in den insgesamt 139 Außenlagern zu Zwangsarbeit für Unternehmen, Kommunen, staatliche und militärische Dienststellen eingesetzt oder von Pharmaunternehmen und medizinischen Instituten für Menschenversuche missbraucht. Bei Erschöpfung drohten Tod und Vernichtung. Die Todeszahl wird auf 56.000 geschätzt. Buchenwald, und damit 21.000 verbliebene Häftlinge, wurde am 11. April sowohl von außen durch die anrückende US-Armee als auch durch den organisierten Widerstand von innen befreit.
Konzentrationslager Kistarcsa
Unter der deutschen Besatzung Ungarns im März 1944 wurde auch in der Stadt ungarischen Kistarcsa ein Konzentrationslager für die Deportation von Jüdinnen_Juden nach Auschwitz errichtet, in dem es aufgrund der schlechten Lagerbedingungen bald zur Ausbreitung von Krankheiten kam. Auf internationalen Druck hin untersagte die ungarische Regierung im Juli 1944 weitere Deportationen. Im Dezember desselben Jahres wurde die Stadt von sowjetischen und rumänischen Truppen erreicht.
Konzentrationslager Sachsenhausen
Das Konzentrationslager Sachsenhausen war mit seiner Errichtung 1936 in Oranienburg bei Berlin eines der frühesten Konzentrationslager und sollte, von einem SS-Architekten geplant, anderen Lagern als idealtypisches Vorbild dienen. Mehr als 200.000 Menschen wurden zwischen 1936 und 1945 nach Sachsenhausen deportiert: Politische Gegner_innen des Regimes, Jüdinnen_Juden, Sinti_zze und Rom_nja und weitere, als „Homosexuelle“, „Berufsverbrecher“ oder „Asoziale“ verfolgte Personen wurden zur Zwangsarbeit in den SS-eigenen Werkstätten und Betrieben des Lagers und in Strafkommandos eingesetzt. Zehntausende starben durch die Folgen der Zwangsarbeit, medizinischer Versuche und Misshandlungen, an Hunger oder Krankheit oder vielen der systematischen Ermordung durch die SS zum Opfer. Ab 1942 verfügte das KZ über eine Vernichtungsanlage mit Genickschussanalage und Krematorium, sowie eine 1943 erbaute Gaskammer. Einen Tag nachdem die Räumung des KZ begonnen hatte, befreite die sowjetische und polnische Armee am 22. April 1945 ca. 3.000 dort verbliebene Häftlinge.
Lebensmittelkarten
Mit Kriegsbeginn 1939 konnte die Bevölkerung nur noch mit Karten für Waren (wie Lebensmittel oder Kleidung) bezahlen. Alle, die nach den sog. Nürnberger Rassegesetzen als Jüdinnen_Juden definiert wurden, erhielten (Lebensmittel-) Karten mit dem Stempel „J“ für „Jude“. Sie bekamen beispielsweise geringere Mengen an Grundnahrungsmitteln und waren dadurch weiter antisemitischer Ausgrenzung und Gewalt im Alltag ausgesetzt. Untergetauchte Jüdinnen_Juden konnten ohne Helfer_innen nicht an Lebensmittel gelangen.
Mahnmal Gleis 17
Das Mahnmal erinnert an die über 50.000 deportierten Jüdinnen_Juden aus Berlin. Das stillgelegte Gleis in Berlin-Grunewald war einer der Orte, von dem die Menschen in die Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert wurden. Verantwortlich hierfür waren u.a. NS-Behörden, SS (Schutzstaffel), SA (Sturmabteilung), Gestapo (Geheime Staatspolizei) und Polizei.
„Mischehen“
Als sogenannte „Mischehen“ wurden im Nationalsozialismus Ehen zwischen Jüdinnen_Juden und nichtjüdischen Partner_innen bezeichnet. Die Ehen schützten häufig die jüdischen Partner_innen bis kurz vor Kriegsende vor Deportationen. Gleichzeitig waren die nichtjüdischen Partner_innen Einschränkungen in Bezug auf ihre Erwerbstätigkeit und Lebensführung ausgesetzt.
Frauen-Arbeitslager Mittelsteine (Ścinawka Średnia)
Das Arbeitslager Mittelsteine (Ścinawka Średnia, heute Polen) war eines der Nebenlager des Konzentrationslagers Groß-Rosen in der Grafschaft Glatz und wurde 1942 errichtet. Ab August 1944 diente es als Frauen-Arbeitslager: Die ca. 400 weiblichen Häftlinge, die meisten Jüdinnen aus Polen und Ungarn, mussten hier Zwangsarbeit, unter anderem für die Firma Fa. Albert Patin verrichten. Nach der Auflösung des Lagers im April 1945 wurden die Häftlinge in andere Lager gebracht, nach Grafenort und Mährisch-Weißwasser.
NSDAP
Abkürzung für die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, die zwischen 1920 und 1945 bestand. Parteiführer war ab 1921 Adolf Hitler. Das Programm der NSDAP gründete sich vor allem auf dem Führerprinzip, propagierte Antisemitismus und Rassismus und war anti-republikanisch, antidemokratisch und antimarxistisch ausgerichtet. 1933 wurde die NSDAP zur herrschenden Partei: Finanziell unterstützt durch den Wirtschafts- und Industriezweig und mit etwa 44% der Wähler_innen-Stimmen sowie den Stimmen fast aller weiteren Parteien (mit Ausnahme der SPD und KPD) und dank dem Ermächtigungsgesetz (mit dem der Deutsche Reichstag die gesetzgebende Gewalt an Adolf Hitler übertrug und die Gewaltenteilung aufhob) mit weitgehenden Rechten ausgestattet. Bald darauf war die NSDAP die einzige zugelassene Partei im nationalsozialistischen Deutschland.
Netzwerk von Helfer_innen („Stille Helden“)
Während der Schoa gab es Einzelpersonen und Gruppen, die Jüdinnen_Juden und anderen Verfolgten halfen oder retteten. Diese Helfer_innen, oft als „Stille Helden“ bezeichnet, fälschten beispielsweise Papiere, beschafften Nahrungsmittel, organisierten Fluchtrouten oder versteckten Menschen, um sie vor Verfolgung und dem Tod zu bewahren. Dadurch entstanden größere Hilfsnetzwerke, was jedoch auch die Gefahr barg, entdeckt zu werden und das eigene Leben zu riskieren.
Novemberpogrom
In den Tagen und Nächten am und um den 9. November 1938 zerstörten organisierte Mitglieder von NS-Organisationen reichsweit jüdische Geschäfte und Einrichtungen, setzten Synagogen in Brand und misshandelten und ermordeten Jüdinnen_Juden in ihren Wohnungen oder auf offener Straße – zum Teil unterstützt von der Zivilbevölkerung. Diese Pogrome waren ein erster Höhepunkt antisemitischer Gewalt und Ausgrenzung. Der für die Pogrome eingeführte Begriff „Reichskristallnacht“ (als Bezug zu den zerschlagenen Fensterscheiben jüdischer Geschäfte, Einrichtungen und Synagogen) diente von Anfang an der Verharmlosung der antisemitischen Gewalt und wird heute deshalb nicht mehr verwendet.
„Nürnberger Gesetze“
Die am 15. September 1935 erlassenen „Nürnberger Gesetze“ waren ein zentraler Schritt in der systematischen Entrechtung von Jüdinnen_Juden im nationalsozialistischen Deutschland. Die Gesetze, darunter das „Reichsbürgergesetz“ und das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“, definierten nach rasseideologischen Klassifizierungen, wer als jüdisch galt, und beschränkten die Bürgerrechte von Jüdinnen_Juden erheblich. So durften sie etwa nicht mehr wählen oder als Beamte tätig sein. Eheschließungen sowie sexuelle Beziehungen zwischen Jüdinnen_Juden und Nicht-Jüdinnen_Juden galten als „Rassenschande“ und wurden verboten.
Olympischen Spiele 1936
Gemeint sind die XI. Olympischen Sommerspiele in Berlin. Die NSDAP nutzte die Spiele, um Medaillensiege u.a. gegen schwarze und jüdische Sportler_innen propagandistisch im Ausland zu missbrauchen, um sich international in ein positives Licht zu rücken. So verschwand antisemitische Propaganda zeitweise aus der Öffentlichkeit. Deutschen jüdischen Sportler_innen blieb die Teilnahme an den Olympischen Spielen verwehrt.
Patria
Die Patria war ein Schiff, das während des Zweiten Weltkriegs von der britischen Regierung für den Transport von jüdischen Flüchtlingen nach Palästina gechartert wurde. Anstatt jedoch am Hafen von Haifa von Bord gehen zu dürfen, sollten diese weiter auf die Insel Mauritius im Indischen Ozean verschleppt werden. Um die Weiterfahrt zu verhindern, versenkte eine Bombe, die von der zionistischen Untergrundorganisation Haganah gelegt wurde, das Schiff am 25. November 1940 im Hafen von Haifa. Bei der Explosion kamen ca. 270 Menschen ums Leben. Den Schiffbrüchigen wurde nun gestattet, in Palästina zu bleiben.
Porajmos
Der Porajmos („das Verschlingen“) bekannt, bezeichnet den systematischen Völkermord an den europäischen Sint_ezze und Rom_nija während des Zweiten Weltkriegs durch das nationalsozialistische Deutschland und seine Verbündeten. Zwischen 220.000 und 500.000 Sinti_zze und Rom_nja wurden Opfer von Enteignung, Verfolgung, Zwangsarbeit, Deportation und Massenmord in Konzentrationslagern. Erst im Jahr 1982 erkannte die deutsche Bundesregierung offiziell den Völkermord an den Sinti_zze und Rom_nja als solchen an.
„Polenaktion“
Ende Oktober 1938 wies das NS-Regime circa 17.000 Jüdinnen_Juden mit ursprünglich polnischer Staatsbürgerschaft und deren Angehörige zwangsweise aus und deportierte sie an die polnische Grenze. Jüdinnen_Juden wurden zum Übertritt der Grenze gezwungen, wo sie unter katastrophalen Bedingungen leben mussten. Die von den Nazis als „Polenaktion“ betitelte Zwangsumsiedlung gilt als erste Deportation aus dem deutschen Reich.
Postsowjetisch
Der Begriff „postsowjetisch“ bezieht sich auf die Zeit nach dem Ende der Sowjetunion im Dezember 1991 und die damit verbundenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen in den ehemaligen sowjetischen Staaten. Im wiedervereinigten Deutschland erhielten jüdische Kontingentgeflüchtete aus der ehemaligen Sowjetunion einen besonderen Schutz vor dem wachsenden Antisemitismus in ihren Herkunftsländern, indem ihnen gegen Nachweis ihrer jüdischen Identität eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis gewährt wurde.
Protokolle der Weisen von Zion
Die „Protokolle der Weisen von Zion“ sind eine gefälschte antisemitische Schrift, die Ende des 19. Jahrhunderts entstand und behauptet, einen geheimen Plan zur jüdischen Weltherrschaft zu dokumentieren. Obwohl die Protokolle längst als Fälschung aufgedeckt wurden, werden sie weiterhin von unterschiedlichen antisemitischen Akteur_innen als Beweis für eine angebliche jüdische Weltverschwörung rezipiert und verbreitet.
Rundfunkverbot
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde der Bevölkerung verboten sogenannte „Feindsender“, also ausländische Radiostationen, zu hören. Zuwiderhandlung wurde bestraft, von einer Verwarnung bis hin zu Gefängnis-, Zuchthaus- und Todesurteilen bei Verbreitung der gehörten Nachrichten.
Sammellager
Sammellager waren temporäre Einrichtungen, in die Jüdinnen_Juden und andere verfolgte Gruppen während durch das NS-Regime interniert wurden, bevor sie weiter in Konzentrationslager oder Ghettos deportiert wurden. Diese Lager dienten oft als Zwischenstationen und waren Orte menschenunwürdiger Bedingungen und Misshandlungen: Die Häftlinge waren häufig unterernährt und lebten in überfüllten und unhygienischen Verhältnissen, was zu zahlreichen Todesfällen durch Krankheiten und Erschöpfung führte.
Schoa
Schoa (auch Schoah, Shoah oder Shoa; hebräisch הַשּׁוֹאָה haSchoa für „die Katastrophe“, „das große Unglück/Unheil“) ist der hebräische Begriff für den von den Nationalsozialist_innen begangenen systematischen Massenmord an ca. 6 Mio. europäischen Jüdinnen_Juden (auch Holocaust genannt).
Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED)
Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) wurde 1946 in der sowjetischen Besatzungszone durch die Zwangsvereinigung von KPD und SPD gegründet. Als marxistisch-leninistische und „demokratisch zentralistisch“ organisierte Partei herrschte sie ab 1949 in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und dominierte Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in allen Bereichen. Mit der friedlichen Revolution und Wende 1989/1990 verlor sie ihre Stellung als herrschende Staatspartei.
Todesmärsche
Die Todesmärsche waren eine Reihe von Zwangsmärschen, bei denen Häftlinge aus frontnahen Konzentrationslagern von der SS evakuiert wurden, um sie vor den anrückenden alliierten Truppen zu verstecken. Die tage- oder wochenlangen Märsche fanden gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, ab 1944, statt und führten zu unzähligen Todesfällen aufgrund von Erschöpfung, Hunger, Kälte, Misshandlungen oder Erschießungen.
Vernichtungslager Kulmhof
Das Vernichtungslager Kulmhof wurde im November 1941 im 70 km von Lodz entfernten Chełmno (Kulmhof) im von Deutschland besetzten Polen errichtet. Hier wurden mindestens 152.000 Menschen, darunter vor allem Jüdinnen_Juden und ca. 5.000 Sinti_zze und Rom_nja, in Gaswagen erstickt und anschließend in Massengräbern begraben. Das „Sonderkommando Kulmhof“, das die verscharrten Leichen noch ausgrub und verbrannte, um ihre Spuren endgültig zu vernichten, verließ am 17. Januar 1945 das Vernichtungslager, noch bevor die Rote in Armee Chełmno ankam.
Wannseekonferenz
Bei einer Konferenz in der Villa am Wannsee bei Berlin am 20. Januar 1942 wurde die bürokratischen Einzelheiten und Verwaltungsabläufe für die Umsetzung der Deportation der europäischen Jüdinnen_Juden besprochen. Hier wurde nicht, wie weitläufig vermutet, die Schoa beschlossen. Der antisemitische Massenmord hatte bereits im Juni 1941 mit dem Überfall auf die Sowjetunion begonnen. Massenerschießungen durch mobile Einsatztruppen der SS (Schutzstaffeln) und erste Vergasungen fanden zu diesem Zeitpunkt bereits statt.
Zwangsarbeit
Im Nationalsozialismus wurden über 13 Millionen Menschen unter Androhung von Strafe zur Arbeit gezwungen. Auch Arbeitskraft, die nicht freiwillig zur Verfügung gestellt wurde, wird als Zwangsarbeit bezeichnet. Viele Menschen aus den besetzten Gebieten mussten unter widrigsten Umständen Zwangsarbeit leisten und kamen teilweise zu Tode, aber auch Kriegsgefangene und Inhaftierte in Konzentrations- und Vernichtungslagern verrichteten Zwangsarbeit.
(Selbst-)Organisationen
Hier findet ihr Erklärungen zu (jüdischen Selbst-)Organisationen.
Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e. V. (ASF)
Aktion Sühnezeichen ist ein seit 1958 bestehendes internationales Freiwilligenprogramm aus Deutschland mit dem Ziel, die NS-Verbrechen anzuerkennen und konkrete Solidarität mit den NS-Verfolgten zu praktizieren. ASF agiert in vielen Ländern, darunter auch in Israel. Freiwillige arbeiten u.a. in sozialen Einrichtungen, in der politisch-historischen Bildung und in Projekten mit Schoa-Überlebenden.
AMCHA e.V.
1987 wurde AMCHA e.V. in Israel als Selbstorganisation von Schoa-Überlebenden gegründet, um Überlebende und die nachfolgenden Generationen zu unterstützen, die erlittenen Traumata zu bewältigen und sich um die jeweiligen psychosozialen Bedürfnisse zu kümmern. AMCHA bietet Beratung, Therapie und soziale Aktivitäten sowie generationenübergreifende Programme an und dokumentiert die persönlichen (Über-) Lebensgeschichten. Das Wort amcha kommt aus dem Hebräischen („dein Volk“) und bedeutete so viel wie „Du bist von uns“. Verfolgte Jüdinnen_Juden verwendeten den Begriff amcha während der Schoa als Codewort, um sich einander erkennen zu geben.
Child Survivors
Jüdinnen_Juden, die als Kinder und Jugendliche die Schoa überlebt hatten, gründeten 2001 die Selbstorganisation "Child Survivors Deutschland – Überlebende Kinder der Shoah e.V.", um sich über ihre Erfahrungen im Nationalsozialismus auszutauschen und sich zu vernetzen. Sie organisierten Gespräche mit Überlebenden der Schoa, gaben Interviews und erzählten ihre Geschichten in Schulklassen. Aus Alters- und Gesundheitsgründen seiner Mitglieder wurde der Verein 2021 aufgelöst.
Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD)
Die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD) wurde 2016 in Berlin als bundesweite Vertretung jüdischer Studierender und junger jüdischer Erwachsener in Deutschland gegründet. Die Union dient der Förderung des jüdischen Bewusstseins und Solidarität und verfolgt in ihrer politischen Arbeit das Ziel, Antisemitismus zu bekämpfen, zivilgesellschaftliches Engagement und Demokratie zu stärken und eine nichtjüdische Öffentlichkeit für jüdische Themen zu sensibilisieren.
Makkabi
Makkabi Deutschland ist ein Dachverband für jüdische Sport- und Turnvereine und wurde 1903 gegründet. Nachdem Jüdinnen_Juden nach der Wahl der NSDAP 1933 vom Wettkampfgeschehen ausgeschlossen wurden, fanden Wettkämpfe für jüdische Sportler_innen nur noch bei Makkabi statt. Kurz nach den Pogromen um den 9. November 1938 wurde jüdischen Sportler_innen die Vereinstätigkeit untersagt, Makkabi löste sich auf. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges entstanden die ersten jüdischen Sportgruppen. Makkabi ist seit 1965 wieder in Deutschland aktiv.
Sar-El
Sar-El (hebräisch: שר-אל, Akronym für Scherut leJisra’el/„Dienst für Israel“) ist ein 1982 initiiertes, ziviles Programm, das Freiwilligenarbeit für oftmals aus dem Ausland kommende Menschen in Israel ermöglicht. Zumeist für ein bis drei Wochen unterstützen die Freiwilligen gegen Kost und Logis auf Stützpunkten der israelischen Streitkräfte in verschiedenen Bereichen, darunter Logistik, Instandsetzung, Materialverwaltung, Verpflegung und Sanitätswesen, oder bei zivilen Einrichtungen. Begleitet von einem Informations- und Kulturprogramm bietet Sar-El den Teilnehmern außerdem die Möglichkeit, Israel kennenzulernen.
Begriffe mit Bezug zum jüdischen Leben
Kibbuz
Als Kibbuz werden ländliche Kollektivsiedlungen in Israel bezeichnet. Die Grundidee ist dabei basisdemokratisch, sozialistisch und zionistisch orientiert. Anfang des 20. Jahrhunderts siedelten sich auf dem Gebiet des heutigen Israels erste kollektive Siedlungen an. Insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg, aber auch währenddessen, kam es zu Neugründungen von Kibbuzim. Eine Vorbereitung (Hachschara) fand häufig in Camps, auf Höfen und in Kursen in den Ländern statt, aus denen Jüdinnen_Juden nach Israel oder ins damalige Mandatsgebiet Palästina ausreisen wollten.
Machane
Machane bezeichnet ein Ferienlager für Kinder und Jugendliche, das regelmäßig von jüdischen Gemeinden organisiert wird.
Pessach
Zu Pessach wird im Frühling die Befreiung der Jüdinnen_Juden aus der Sklaverei der Pharaonen und ihr Auszug aus Ägypten gefeiert. In Vergegenwärtigung des im II. Buch Mose beschriebenen Ereignisses beginnt das mehrtägige Fest mit einem ritualisierten Mahl, dem Seder-Abend, im Kreis von Familie und Freund_innen. Während des Seders wird aus der Haggada gelesen, gesungen und gegessen. Ein zentraler Bestandteil ist das Ma Nischtana-Lied, das von den jüngsten Teilnehmenden vorgetragen wird und vier Fragen zur Bedeutung der Pessach-Nacht mit ihren verschiedenen Bräuchen stellt.
Purim-Fest
Purim ist ein jüdisches Fest, bei dem fröhlich und ausgelassen die Errettung aus einer drohenden Gefahr in der Diaspora gefeiert wird. Gedacht wird dabei der Königin Esther, von der im biblischen Buch Esther berichtet wird, dass sie das jüdische Volk vor seiner vollständigen Vernichtung in Persien bewahrte, die durch den Plan des Regierungsbeamten Haman drohte.
Rosch ha-Schana
Rosch ha-Schana, wörtlich „Kopf des Jahres“, ist das jüdische Neujahrsfest, an dem praktizierende Jüdinnen_Juden auf das vergangene Jahr zurückblicken. Die darauffolgenden Tage bis zum Feiertag Jom Kippur, dem Tag der Versöhnung, dienen ihnen zur Besinnung und Reflexion, Wohltätigkeit und zum Gebet sowie zur Buße und Bitte um Vergebung – und schließlich auch zur Vorbereitung des Neuanfangs.
Synagoge
Als jüdisches Gotteshaus ist die Synagoge die wichtigste Institution im Judentum. Sie dient der Versammlung und dem gemeinsamen Gebet sowie auch dem Lernen und dem Schriftenstudium. Der Begriff „Synagoge“ stammt von dem altgriechischen Wort für „Versammlung“ ab, verwendet wird auch der jiddische Begriff „Schul“ oder die hebräische Bezeichnung „Beth Knesset“ (Haus der Versammlung).
Zionismus
Zionismus leitet sich vom Begriff Zion ab (einer der Hügel Jerusalems in der hebräischen Bibel) und ist eine in ihrer Idee und den Zielen sehr divers ausgerichtete jüdische Emanzipationsbewegung (bspw. politisch-sozialistisch, revisionistisch oder religiös ausgerichtet) mit dem Ziel, einen sicheren Zufluchtsort für Jüdinnen_Juden weltweit zu schaffen. Es handelt sich dabei um eine nationalistische Bewegung zur jüdischen Selbstbestimmung. Der erste Zionistenkongress fand 1897 in Basel statt. Theodor Herzl begründete eine Idee des Zionismus unter dem Eindruck des sich verschärfenden Antisemitismus im Europa des späten 19. Jahrhunderts. Daraus leitete er die Notwendigkeit einen souveränen, völkerrechtlich abgesicherten jüdischen Staat zu errichten ab. 1948 wurde der erste jüdische Staat Israel gegründet, auch im Angesicht des Massenmordes an den europäischen Jüdinnen_Juden.