Kurt Hillmann wurde 1933 als Sohn von der polnischen Jüdin Machla Hillmann, geb. Singer, und einem deutschen, nichtjüdischen Kommunisten in Berlin geboren. Der Vater führte einen Tischlereibetrieb, die Mutter verkaufte Wäsche auf dem Wochenmarkt. Kurt Hillmann besuchte einen jüdischen Kindergarten und zunächst auch eine jüdische Schule. Schon früh machte er gewaltvolle Erfahrungen mit Antisemitismus: Auf dem Schulweg wurde er von Jungen, die der Hitlerjugend angehörten, verprügelt. Da der Schulweg zu gefährlich wurde, er jedoch als Jude an keiner anderen Schule aufgenommen wurde, musste Kurt Hillmann die Schule gezwungenermaßen verlassen. Er blieb zu Hause und bildete sich mit Hilfe von Büchern selbst weiter.

Auch der Alltag seiner Mutter war von antisemitischer Ausgrenzung und Gewalt geprägt. Schon als kleiner Junge erlebte Kurt Hillmann, wie sie bei der Arbeit auf dem Markt beschimpft und ihr Stand verwüstet wurde. Von den Umstehenden erfuhr sie keinerlei Solidarität. Die wiederholten Angriffe zwangen Machla Hillmann den Stand aufzugeben. Die antisemitischen Repressalien und Verbote der Nationalsozialisten prägten in den folgenden Jahren zunehmend den Alltag der Familie. 1938 erhielten Mutter und Sohn antisemitische Kennkarten mit dem Stempel „J“ für Jude, 1939 Lebensmittelkarten für Jüdinnen_Juden. Als Kurt Hillmanns Vater aufgefordert wurde, sich von seiner Frau scheiden zu lassen, weigerte er sich, um seine Familie zu schützen. Nach Einführung des "gelben Sterns" ermunterte er seine Frau und seinen Sohn, diesen nicht zu tragen – trotz der Gefahren von Ahndung oder Deportation. Kurt Hillmann berichtet im Interview auch von Verlusten: Zwei seiner jüdischen Schulfreunde, Gerd Abraham und Lutz Knobloch, wurden mit ihren Familien ins Ghetto Minsk und ins Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert.

Als seine Mutter an Tuberkulose erkrankte, bekam sie keine medizinische Behandlung: Jüdische Ärzt_innen unterlagen seit 1938 dem Berufsverbot, nichtjüdischen Ärzt_innen war es untersagt, Jüdinnen_Juden zu behandeln. Im Herbst 1944 starb seine Mutter an den Folgen der Krankheit. Kurt Hillmann erzählt ausführlich von der antisemitischen Gewalt, der Verfolgung und den Deportationen, die für alle Menschen unübersehbar waren: „Man staunt, wer alles nichts wusste.“ Er selbst nahm schon früh wahr, wie sich die politische und gesellschaftliche Lage zunehmend veränderte. Die Eltern hörten zuhause „fremde Sender“ (siehe Rundfunkverbot) und redeten im Beisein des Sohnes über die sich zuspitzende politische Situation. Die Familie Hillmann war zudem in einem Netzwerk von Helfer_innen organisiert, sie versteckten andere Jüdinnen_Juden bei sich zu Hause und verhalfen ihnen zur Flucht.

Kurt Hillmann erlebte auch die Auswirkungen des Krieges in Berlin, er berichtet von den Bombardierungen und davon, dass Jüdinnen_Juden keinen Schutz in den Kellern suchen durften. Er selbst erhielt im Herbst 1944 die Nachricht, dass er sich in ein Sammellager für Kinder aus sogenannten „Mischehen“ einfinden sollte. Dank der guten Kontakte seines Vaters zum Bezirksamt kam er auf eine Liste für tuberkulosekranke Kinder und überlebte in einer Kinderheilanstalt im Allgäu die Schoa. Die gesamte Familie mütterlicherseits wurde zunächst ins Ghetto Lodz deportiert und dann im Vernichtungslager Kulmhof ermordet. Der Bruder des Vaters, Otto Hillmann, wurde im KZ Sachsenhausen ermordet.

Kurt Hillmann reflektiert im Interview die Kontinuitäten des Antisemitismus nach 1945 und mahnt, dass Menschen lernen müssen, diesen zu erkennen. „‚Nie wieder‘ gibt‘s nicht“, betont er.

Mögliche ergänzende Methoden:

Für die Arbeit mit dem Interview eignet sich ergänzend die Methode Ein ganz normaler Tag vom Anne Frank Zentrum, Berlin. Es handelt sich um eine Auseinandersetzung mit antisemitischen Gesetzen im Nationalsozialismus [1]

[1] Siehe dazu Anne Frank Zentrum: Ein ganz normaler Tag. Online unter https://www.annefrank.de/fileadmin/Redaktion/Themenfelder/Antisemitismus_entgegenwirken/Dokumente/arbeitsmethoden-antisemitismus_7-1.pdf (Zugriff am 02.07.2024).

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