Franz Michalski wurde 1934 in Görlitz als Sohn einer jüdischen Mutter, Lilli, geb. Brann, und eines katholischen Vaters, Herbert Michalski, geboren. Auf Drängen beider Familien und vor dem Hintergrund des erstarkenden Antisemitismus konvertierte die Mutter noch vor der Heirat zum katholischen Glauben. Durch die Ehe blieb sie zunächst von der nationalsozialistischen Verfolgung verschont. Die Familie bezog eine Wohnung in Görlitz, wo sich der Vater mit einer Handelsvertretung selbständig gemacht hatte. 1938 entzog ihm die Firma Schwarzkopf die Vertretung ihrer Produkte und legte ihm die Scheidung nahe. Der Vater gab sein Geschäft auf, da sich abzeichnete, dass andere Unternehmen ähnlich handeln würden. Er nahm 1939 eine Arbeit in Berlin auf, um seine Familie zu ernähren, während die Mutter mit Franz nach Breslau zog. Hier wurde 1940 Franz‘ Bruder Peter geboren. Im selben Jahr wurde der Vater zur Wehrmacht eingezogen und in Paris stationiert, zwei Jahre später allerdings wegen seiner jüdischen Frau als „wehrunwürdig“ entlassen. Trotz der Konversion der Mutter galten die Kinder nach den sogenannten "Nürnberger Gesetze" als Kinder aus einer sogenannten "Mischehe" und machten früh Erfahrungen mit Antisemitismus. Franz Michalski spricht im Interview über Gängelungen im Kindergarten, er wurde von den anderen Kindern ausgeschlossen, die Brüder mussten in der Ecke stehen. Nach zwei Jahren musste er die Schule aufgrund seiner Herkunft verlassen und lernte zunächst in Privatunterricht weiter. Die Familie bekam zunehmend geringere Lebensmittelrationen. Franz Michalski berichtet auch davon, dass die Mutter eine Kennkarte beantragen musste, um sich als Jüdin auszuweisen. Als sie dies verweigerte, erhielt sie eine Geldstrafe. Sie beantragte daraufhin einen Postausweis, der Beamte erkannte sie jedoch und vermerkte auf dem Ausweis, dass sie Jüdin sei. Im Frühjahr 1943 brachten die Eltern ihre Kinder in ein katholisches Kinderheim im Riesengebirge, wo sie von den Nonnen und anderen Kindern ausgegrenzt wurden. Aufgrund der zunehmenden Verfolgung waren die Michalskis auf ein Netzwerk von Helfer_innen angewiesen, die Franz Michalski als „Stille Helden“ beschreibt. Ein Polizist und Freund der Familie, Alfons Thienelt, konnte die Karte der Michalskis in der sog. "Judenkartei" einige Zeit zurückhalten. Als dies 1944 nicht mehr möglich war, warnte er die Familie, die daraufhin beschloss unterzutauchen. Für die Flucht inszenierte die Mutter den zehnten Kindergeburtstag von Franz: Als die Gestapo die Familie abholen wollte, wartete in der Wohnung ein gedeckter Tisch mit Kuchen, Kaffee und heißer Schokolade, die Beamten bedienten sich. Die Familie flüchtete so unentdeckt über den Dienstausgang. Die Mutter floh mit den beiden Kindern über Tschechien und Österreich nach Berlin. Dort wurden sie von Gerda Mez, einer Arbeitskollegin des Vaters, in Empfang genommen und sie flohen weiter mit ihr zusammen in die Steiermark. Bei der Flucht benutzte die Mutter Lilli die Kennkarte von Gerda Mez. Die Kinder kamen bei dem ehemaligen Kindermädchen Erna Scharf unter, während sich die Eltern bei österreichischen Partisan_innen verstecken konnten. Nachdem die Eltern die Kinder bei Erna Scharf abgeholt hatten, um weiterzuziehen, gerieten sie bei Dresden in die Bombardierung der Stadt. Von dort flohen sie weiter zu Gerda Mez. Der Vater wurde in dieser Zeit von der Gestapo gefasst und gefoltert und konnte durch das Vortäuschen einer anderen Identität entkommen. Aus Sorge über den Verbleib des Vaters und aufgrund der Ausweglosigkeit der Situation wurde die Mutter suizidal, doch Franz Michalski konnte sie von einem Selbstmord abhalten. Die bald darauf wieder vollständige Familie kam dank der Verschwiegenheit eines Hoteliers in einem Hotel unter, wo sie bis zur Befreiung am 8. Mai 1945 bleiben konnte. Auch nach 1945 wurde Franz Michalski immer wieder mit Antisemitismus konfrontiert: So wurde er im Berliner Canisius-Kolleg antisemitisch beleidigt, ebenso an seinem späteren Arbeitsplatz an der Frankfurter Börse, wo ihn Kolleg_innen als „den vom Berge Sinai“ bezeichneten. 

Franz und Petra Michalski lernten sich 1959 kennen. Petra Michalski wurde in eine ungarisch-jüdische Familie hineingeboren, ihre Mutter war eine Indigene aus Südamerika. Gemeinsam mit ihren Enkeln bereisten die Michalskis die Orte der Flucht. Gestärkt durch die Eindrücke dieser Reise, nannte der Enkel der Michalskis in der Schule auf die Frage einer Lehrerin nach Gotteshäusern Synagogen. Daraufhin wurde er von der Lehrerin als jüdisch markiert und in der Folge Opfer massiver antisemitischer Beleidigungen und Gewalt durch Mitschüler_innen. Die Eltern nahmen ihren Sohn letztlich von der Schule.

Petra Michalski übernahm nach einem Schlaganfall das Sprechen für ihren Mann. Diese dialogische Form des Interviews macht das Gespräch besonders. Auch nach dem Tod von Franz Michalski am 25. Dezember 2023 erzählt Petra Michalski seine Geschichte weiter. Die Michalskis setzten und setzen sich vor allem für die Erinnerung an ihre „Stillen Helden“ ein.

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